10er Auswahl
Like Lovers Do
(Memoiren der Medusa)
von Sivan Ben Yishai
Deutsch von Maren Kames
Münchner Kammerspiele
Uraufführung 9. Oktober 2021
Sivan Ben Yishais Text ist nichts für schwache Nerven – plastisch und poetisch zugleich beschreibt sie sexualisierte Gewalt. Pınar Karabulut findet eine wirkungsvolle abstrakte Form für Taten, die unter die Haut gehen, und schneidet dabei dem Patriarchat die Luftzufuhr ab.

Like Lovers Do
© Krafft Angerer
- 1 h 30 min, ohne Pause
- In deutscher Sprache mit englischen Übertiteln
- Ab 16 Jahre
Vergangene Termine
- Dienstag, 17.5.2022
- Im Anschluss Künstler*innenehrung
- 19:30—21:10
- Haus der Berliner Festspiele, Große Bühne
- 15 – 56
Fünf beste Freundinnen erträumen sich eine Zukunft, die sich um ihre Traummänner dreht. Liedhafte Widmungen richten sich an die Liebenden. Doch halt – was haben sexualisierte Gewalt, toxische Rollenbilder und die mythische Gestalt der Medusa damit zu tun? Sivan Ben Yishai hält in ihrem poetischen und kraftvollen Text dem patriarchalen Geschlechtermodell den Spiegel vor. In der temporeichen Inszenierung von Pınar Karabulut bilden fünf starke Schauspieler*innen eine Art Erzählkörper, der Ben Yishais Text mit Sprache und Bewegung in eine Partitur von fast schmerzhafter Direktheit überführt.
Statement der Jury
Sivan Ben Yishai hat ein finster-poetisches „Lied“ über strukturellen Sexismus und sexualisierte Gewalt geschrieben, das Widmung auf Widmung häuft: an alle, die mit Worten und Taten erniedrigen, verletzen und töten, aber auch an alle Wegschauenden und solche wie Athene, die Medusa dafür bestrafte, dass Poseidon sie vergewaltigt hat. Nichts davon ist auf der Bühne zu sehen; keine Selfiesticks, die an spermatriefende Vaginen heranzoomen, keine blutigen Entmannungsakte, keine individuellen Leidensgeschichten. Pınar Karabulut zeigt ihre fünfstimmig Klagenden als von der Amüsierverpflichtung der Popkultur gezeichnete genderfluide Wesen, die in Alien-Superhelden-Punk-Kostümen maschinelle bis rituelle Bewegungen ausführen und die Platinperücken fliegen lassen. Doch eine Verharmlosung ist diese kluge Setzung keineswegs. Das Ganze bleibt ungemütlich, wenn auch auf andere Art als der Text: zu laut, zu grell – bis zum augenzwinkernden, unterschiedliche Formen des Empowerments erprobenden Schluss.
Zum Videostatement von Jurorin Sabine Leucht in der Berliner Festspiele Mediathek
Künstlerisches Team
Pınar Karabulut Regie, Choreografie
Michela Flück Bühne
Teresa Vergho Kostüme
Daniel Murena Musik
Jürgen Tulzer Lichtdesign
Mehdi Moradpour Dramaturgie
Mit
Gro Swantje Kohlhof, Jelena Kuljić, Bekim Latifi, Edith Saldanha, Mehmet Sözer
Wiebke Puls Stimme