10er Auswahl
Ein Mann seiner Klasse
nach dem Roman von Christian Baron für die Bühne bearbeitet von Lukas Holzhausen und Annika Henrich
Schauspiel Hannover
Uraufführung 21. Oktober 2021
Schimmlige Tapeten, der Geruch von Alkohol, das Geräusch von Schlägen, die laute Stimme des Vaters: Lukas Holzhausen bringt in seiner Inszenierung die Lebenswirklichkeit einer Familie mitten in Deutschland auf die Bühne.
Ein Mann seiner Klasse. Videotrailer
© Schauspiel Hannover
- 1 h 55 min, ohne Pause
- In deutscher Sprache mit englischen Übertiteln
Vergangene Termine
- Samstag, 7.5.2022
- Im Anschluss Künstler*innenehrung
- 17:00—19:05
- Haus der Berliner Festspiele, Seitenbühne
- 28 / 38
Armut, Angst und Scham prägen die Kindheit von Christian und seinen Geschwistern. Die Gewalt des häufig alkoholisierten Vaters ist unberechenbar, und doch will Christian immer, dass er bleibt. In seinem Debütroman blickt Autor und Journalist Christian Baron zurück auf seine eigene Kindheit im Kaiserslautern der 1990er-Jahre und auf einen Vater mit vielen Gesichtern. Der Regisseur und Schauspieler Lukas Holzhausen erzählt mit seinem Ensemble in dieser präzisen Theateradaption sensibel und eindrücklich von Klassismus, Ausgrenzung und familiärem Zusammenhalt.
Statement der Jury
Im Kaiserslautern der 1990er-Jahre ist Christian Baron groß geworden, am bröckelnden Bordstein zum Prekariat. Sein Vater war Alkoholiker. Regelmäßig schlug er Barons Mutter. Und doch: „Ich wollte immer, dass er bleibt“, sagt Christian Baron einmal. Dieser jähzornige, starke Mann war auch der Held seiner Kindheit. Von Gewalt und Liebe erzählt Baron, der heute als Redakteur und Autor arbeitet, in seinen 2020 erschienenen Erinnerungen „Ein Mann seiner Klasse“, und von der Abschottung der Familie, damit keiner was merkt. In Lukas Holzhausens Inszenierung gibt ein wortloser Laiendarsteller diesen Vater. Unbeirrt vom Geschehen um ihn herum zimmert er die schlecht isolierte Ein-Raum-Wohnung, die Katja Haß entworfen hat, zusammen. Aus dem Off und in derbstem Pfälzisch brüllt eine laute Vaterstimme immer wieder mitten hinein in die Dialoge der Figuren und wird – gemeinsam mit dem Sirren des Akkuschraubers – zum unberechenbaren Soundtrack des Abends. Eines Abends, der klug und unaufgeregt von Klassismus erzählt, von Zusammenhalt und Familie und davon, wie es ist, in diesem reichen Land in Armut aufzuwachsen.
Zum Videostatement von Katrin Ullmann in der Berliner Festspiele Mediathek
Künstlerisches Team
Lukas Holzhausen Regie
Katja Haß Bühne, Kostüme
Robert Pawliczek Musik, Video
Mario Waldowski Licht
Annika Henrich Dramaturgie
Besetzung
Nikolai Gemel Christian
Stella Hilb Tante Juli, Mutter
Noah Ilyas Karayar / Titus von Issendorff Benny
Michael „Minna“ Sebastian Vater
Jan Thümer Seine Stimme