Vortrag und Filmpräsentation

A City within a Building

Das Center for Spatial Technologies (CST) präsentiert gemeinsam mit Forensis den ersten Teil seiner Untersuchung des Luftangriffs auf das Drama-Theater in Mariupol am 16. März 2022.
Maksym Rokmaniko, Direktor des CST, und Eyal Weizman, Direktor von Forensic Architecture, werden mit einem mehrteiligen Vortrag in das Projekt einführen, das anlässlich des Jahrestages zuvor in Kyiv präsentiert wurde. Gezeigt werden der Kurzfilm „A City within a Building“ und das Online-Archiv, in dem bisher unveröffentlichtes Beweismaterial aus Mariupol zusammengetragen wurde. Auf der Website werden 3D-Modelle, Fotos, digitale Zeugenaussagen und Videos, die in Zusammenarbeit mit mehr als 20 Überlebenden des Angriffs entstanden sind, sowie Skizzen des Gebäudes und seine Geschichte abrufbar sein. Im Anschluss an den Film findet eine Diskussion statt.

Die Abbildung zeigt eine digitale Rekonstruktion des zerstörten Theaters in Mariupol und seine parkähnliche Umgebung. Auf dem Plan sind handschriftlich verschiedenen Orte im und um das Theater sowie Laufwege eingezeichnet.

Digitale Rekonstruktion des zerstörten Theaters in Mariupol: Funktionsbereiche während des Krieges

Image courtesy of the CST © CST

Vergangene Termine

Der Luftangriff auf das Mariupol-Theater am 16. März 2022 war ein schockierender Meilenstein in den ersten Wochen der russischen Invasion in der Ukraine. Während der Belagerung von Mariupol diente das Theater tausenden Zivilist*innen als Versteck; das Wort „Kinder“ war auf den Boden vor dem Theater geschrieben, um zu verhindern, dass das Theater militärisch angegriffen wird. Dennoch schlug eine russische Rakete in das Gebäude ein, der Angriff gehört bis heute zu den tödlichsten Luftangriffen gegen Zivilist*innen in der Ukraine.

Nach dem Angriff auf die zivile Bevölkerung folgte ein Angriff auf Beweismittel. Mit der Übernahme der Kontrolle über Mariupol wurden Beweise für den Angriff auf das Theater systematisch durch die russischen Besatzungsbehörden manipuliert und gelöscht. Ende 2022 wurde das Theater mit Bulldozern dem Erdboden gleichgemacht.

Angesichts dieser Auslöschung – sowohl von Beweisen für ein Kriegsverbrechen an Zivilisten als auch von ukrainischem Kulturerbe – sammelte und analysierte CST Tausende von Fotos, Videos und Social-Media-Posts und sichtete über 100 Stunden niemals zuvor untersuchtes Material von Augenzeug*innen, um ein vollständiges Bild vom Leben im belagerten Theater zu rekonstruieren: einem Ort der Zuflucht und des Widerstands.

Der Film erzählt die Geschichte dieses Lebens mit den Worten derer, die es erlebt haben. Es ist die Geschichte eines selbstorganisierten sozialen Netzwerks, das sich selbst und seine Nachbar*innen ernährt, wärmt und versorgt sowie mit anderen schutzsuchenden Gemeinschaften Handel betreibt, kollektive Entscheidungen trifft und so eine vollständige und funktionierende Stadt innerhalb eines einzigen Gebäudes bildete.

Zukünftige Kapitel über die Untersuchungen zum Luftangriff auf das Mariupol-Theater werden sich mit dem Moment der Bombardierung befassen. Der Fokus der Analyse wird darauf liegen, welche Munition verwendet wurde, wo die Bombe gelandet ist, wie viele Opfer es gab, wer diese waren und wo sich diese im Moment des Luftangriffes aufhielten. Das Online-Archiv wird ständig aktualisiert werden.

Über das Center for Spatial Technologies (CST)

Das Center for Spatial Technologies (CST) ist ein interdisziplinäres Forschungszentrum mit Sitz in Kiew.
Es befasst sich mit einer breiten Palette von Themen, die es mit Raumanalysen und Visualisierungstechniken untersucht. Seit Beginn des Jahres 2022 konzentriert sich das CST auf die Analyse der zivilen Schäden, die durch die russische Invasion in der Ukraine verursacht wurden. Wichtigstes Instrument seiner Arbeit ist eine selbstentwickelte Raumanalyse, die ein umfangreiches Spektrum an Informationen sammelt. Das Modell wird dabei selbst zum Untersuchungsfeld, indem es Verbindungen zu zahlreichen Objekten in seiner Umgebung aufzeigt.

 spatialtech.info

Über Forensis e.V.

Gegründet im Jahr 2021 als nicht-staatlicher, gemeinnütziger Verein (e.V.) in Berlin, arbeitet Forensis für und mit Individuen und Gemeinschaften, die von staatlicher oder unternehmerischer Gewalt betroffen sind, um ihre Forderungen nach Gerechtigkeit, Entschädigung und Rechenschaft zu unterstützen. Die Arbeit von Forensis basiert auf Techniken und Methoden, die an der Goldsmiths University University of London sowie im Rahmen der bahnbrechenden Ausstellung „Forensis“ (Haus der Kulturen der Welt, Berlin 2014) entwickelt wurden. Das interdisziplinäre Forscher*innenteam versammelt Expertise in räumlicher und visueller Analyse, zeitbasierten 3D-Rekonstruktionen, kartografischen Plattformen und Open-Source-Investigationen. Ihre Analysen dienen der Beweisführung an nationalen und internationalen Gerichten, in Menschenrechtsforen, für parlamentarische Untersuchungen und Wahrheitskommissionen sowie für Volksgerichte.

 counter-investigations.org

 forensic-architecture.org

Recherche: Forensis und Forensic Architecture.
Projektunterstützung: The Initiative Center to Support Social Action „Ednannia“ und Porticus.