Olga Neuwirth
Olga Neuwirth wurde 1968 in Graz (Österreich) geboren. Ab dem siebten Lebensjahr hatte sie Trompetenunterricht. 1986 studierte sie am San Francisco Conservatory of Music und am San Francisco Art College Malerei und Film. In Wien führte sie ihre Studien an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst sowie am Elektroakustischen Institut weiter. Wesentliche Anregungen erhielt sie durch die Begegnungen mit Adriana Hölszky, Tristan Murail und Luigi Nono. 1991 wurde Olga Neuwirth mit ihren beiden Mini-Opern nach Texten von Elfriede Jelinek mit nur 22 Jahren das erste Mal international bekannt.
1998 wurde sie im Rahmen der Reihe Next Generation bei den Salzburger Festspielen in zwei Porträtkonzerten vorgestellt. Im darauffolgenden Jahr kam ihr erstes abendfüllendes Musiktheater „Bählamms Fest“ – mit einem Libretto der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek nach Leonora Carrington, in einem Bühnenbild der Brothers Quay – bei den Wiener Festwochen zur Uraufführung.
Ihr für Pierre Boulez und das London Symphony Orchestra geschriebenes Werk „Clinamen/Nodus“ war nach der Londoner Uraufführung im Jahr 2000 in einer weltweiten Tournee zu hören. 2002 war sie composer-in-residence bei den Luzerner Festwochen, wo sie auch das Remixen ihrer Musik durch DJ Spooky auf das Programm setzte.
Neuwirth lässt sich oft von anglo-amerikanischen Kulturen inspirieren, so zum Beispiel in ihrem 2003 uraufgeführten Musiktheater „Lost Highway“ nach David Lynchs gleichnamigem Film. Dieser Neuproduktion der English National Opera im Young Vic wurde 2009 der South Bank Show Award verliehen. Seit ihrer Teenagerzeit interessiert sich Olga Neuwirth für Wissenschaft, Architektur, Literatur, Film und Bildende Kunst. Daher lässt sie in vielen ihrer Stücke seit den frühen 1990er Jahren Ensemble, Elektronik und Videoeinspielungen zu einem genreübergreifenden visuellen und akustischen Sinnerlebnis verschmelzen. Dafür gilt sie in der sogenannten Neuen-Musik-Szene als Pionierin. Aus diesem vielfältigen Interesse heraus entstanden auch verschiedene Klanginstallationen, Ausstellungen, Theater- und Filmmusiken, die mit der Einladung zur documenta 12 in Kassel ihren Höhepunkt fanden. Sie hat auch immer wieder mit der Experimental-Jazz- sowie der Improvisation-Szene kollaboriert, so unter anderem mit Robyn Schulkowsky, David Moss und Burkhard Stangl. 2006 und 2009 entstanden zwei Solokonzerte: ein Trompetenkonzert für Håkan Hardenberger und ein Violakonzert für Antoine Tamestit.
Olga Neuwirth erhielt verschiedene nationale und internationale Preise, unter anderem im Jahr 2010 den Großen Österreichischen Staatspreis. Olga Neuwirth lebte in San Francisco, New York, Prag, Paris, Venedig, Triest, Wien und Berlin.
Sie ist seit 2006 Mitglied der Berliner Akademie der Künste und seit 2013 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München. Einige ihrer Werke sind bei den Labels Kairos und col legno erhältlich.
2012 gab es die Premieren von gleich zwei neuen Musiktheaterwerken: „The Outcast“ nach Leben und Werk von Herman Melville und „American Lulu“, eine Neuinterpretation von Alban Bergs „Lulu“. Letztere war 2013 in einer Neuproduktion in Bregenz, Edinburgh und London zu hören. „Masaot/Clocks without Hands“, geschrieben für die Wiener Philharmoniker, wurde im Mai 2015 in Köln unter Daniel Harding uraufgeführt. Nach Aufführungen in Wien und Luxemburg dirigierte es Valery Gergiev in der Carnegie Hall.
„Le Encantadas o le avventure nel mare delle meraviglie“ für sechs Ensemblegruppen und (Live-)Elektronik ist ein gemeinsamer Auftrag von Ensemble intercontemporain, Cité de la musique, Festival d’Automne à Paris, Donaueschinger Musiktage, IRCAM, Lucerne Festival und dem Wiener Konzerthaus und fand auch beim Holland Festival große Beachtung. 2017 wurde das Werk bei den Festivals Musica in Straßburg und bei Wien Modern aufgeführt. Das Schlagzeugkonzert „Trurliade – Zone Zero“ ist ein Auftrag der Roche Commissions und wurde beim Lucerne Festival unter der Leitung von Susanna Mälkki mit Victor Hanna uraufgeführt, wo Olga Neuwirth 2016 als composer-in-residence im Zentrum stand. Weitere Aufführungen erfolgten beim Musikfest Berlin und bei Wien Modern. Im Februar 2018 wurde das neue Flötenkonzert „Aello – ballet mécanomorphe“ vom Swedish Chamber Orchestra und Claire Chase (Flöte) uraufgeführt.
Am 4. August 2018 feierte Olga Neuwirth ihren 50. Geburtstag. Die internationale Musikwelt würdigte die Komponistin zu diesem Anlass mit zahlreichen Konzerthighlights. Dazu zählen die Uraufführung der revidierten Fassung des Musicstallation-Theaters mit Video „The Outcast“ sowie die Uraufführung von Neuwirths Live-Vertonung des frisch restaurierten Stummfilms „Die Stadt ohne Juden“ bei Wien Modern, die Deutschlandpremieren beider Werke in der Elbphilharmonie in Hamburg und die UK-Erstaufführung von „Aello – ballet mécanomorphe“ bei den BBC Proms, gefolgt von fünf weiteren Interpretationen des Werks in fünf verschiedenen Ländern. In Arbeit ist ihre neue Oper „Orlando“, die Ende 2019 an der Wiener Staatsoper Premiere feiert.
Stand: Juli 2019

© Harald Hoffmann
Vergangene Veranstaltungen
Berliner Ensemble
Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker
Susanna Mälkki, Leitung
Werke von Olga Neuwirth und Gérard Grisey
Gastorchester / London II / Louis Andriessen zu Ehren III
BBC Symphony Orchestra
Sakari Oramo, Leitung
Werke von Modest Mussorgsky, Louis Andriessen, Olga Neuwirth und Jean Sibelius
Gastensemble / Louis Andriessen zu Ehren II
Ensemble Modern
Brad Lubman, Leitung
Werke von Edgard Varèse, Olga Neuwirth und Louis Andriessen
Perspektivwechsel #7
Olga Neuwirth im Gespräch mit Thorleifur Örn Arnarsson
Stadt ohne Juden
Stummfilm mit Live-Musik von Olga Neuwirth,
gespielt von Ensemble PHACE
Clocks without Hands
Werke für Orchester von Ashley Fure, Justė Janulytė (Uraufführung) und Olga Neuwirth, gespielt vom Konzerthausorchester Berlin unter der Leitung von Peter Rundel
Ligeti und Langgaard / Berliner Orchester / Schlagwerk