Forum

Das Forum des Theatertreffens der Jugend richtet sich an Spielleiter*innen und Studierende. In einer Mischung aus Diskurs und Praxis dient es dazu, die eigene Theaterpraxis zu reflektieren, sich mit Kolleg*innen auszutauschen und zu vernetzen, und neue Impulse in die weitere Arbeit mitzunehmen.

Für das Theatertreffen der Jugend 2020 war ein Programm konzipiert, das sich diversitäts- und rassismuskritischen Fragen im Kontext theaterpädagogischer Arbeit mit Jugendlichen widmen und dabei die Reflexion der eigenen Theaterpraxis in den Fokus stellen sollte. Unter dem Motto: „Reflect your practice“ sollten die Veranstaltungen darauf abzielen, sich (selbst-)kritisch mit der eigenen künstlerischen Praxis, den eigenen Privilegien, Machtpositionen und – bewussten wie unbewussten – Vorannahmen, Haltungen und Motivationen auseinanderzusetzen. Dabei wäre es auch darum gegangen, ein Verständnis für die im pädagogischen Feld vorherrschenden Handlungslogiken zu gewinnen und mögliche Impulse für einen Perspektivwechsel zu erhalten: Welche Herausforderungen sind vor dem Hintergrund bestehender Ungleichheitsverhältnisse mit der Theaterarbeit verbunden? Wessen Perspektiven werden einbezogen – und welche nicht? Wie kann es gelingen, sich mit Themen auseinanderzusetzen jenseits einer „Politik des Sich-gut-Fühlens“?

Für diese Fragen hatten wir Expert*innen eingeladen, um mit ihnen in praxisorientierten Workshops zu arbeiten. So sollte sich der Workshop mit Saraya Gomis dem Thema „Critical Whiteness in der Unterrichtsgestaltung“ widmen. Der Workshop „Picture of a white girl imagining herself as machtkritisch“ mit Verena Lobert und Marleen Wolter, wollte die Arbeitsweisen und Zugänge ihres Performancekollektivs Frl. Wunder AG anhand beispielhafter Produktionen vorstellen. In dem Workshop „Theater sehen (lernen)“ mit Annika Vogt wäre es um das Zuschauen im Theater gegangen. Theaterlehrer*innen waren eingeladen, sich mit Theater als „Zuschaukunst“ zu beschäftigen, wozu auch der gemeinsame Besuch einer eingeladenen Inszenierung geplant war.

Einen weiteren Schwerpunkt des diesjährigen Programms bildet das Format „Fokus: Kritisches Schultheater“ unter der Leitung von Joanna Merete Scharrel. Die Idee war es, Theaterlehrer*innen einzuladen, um über das Theatermachen in der Schule in einen Austausch zu treten. Angelehnt an die W-Fragen – was machen wir warum und wozu – sollten hier Formen der Zusammenarbeit, Arbeitsweisen und institutionelle Gegebenheiten thematisiert werden: Welche Rahmenbedingungen für die Theaterarbeit an Schulen sind notwendig? Was sind Gelingensbedingungen kooperativer Arbeitsformen an der Schnittstelle von Schule und Theater oder anderen Institutionen? Wo steht die Schultheaterpraxis gegenwärtig? Und: Welche Potentiale und Visionen gibt es?

Wie auch in den letzten Jahren sollte es ein Forum für Studierende geben. Das Forum für Studierende ist ein geschlossenes Programm und richtete sich in diesem Jahr an Studierende des Lehramtes Theater / Darstellendes Spiel. Die Studierenden erhalten die Möglichkeit, ins Festival einzutauchen, Stücke zu sehen und Gespräche mit Spielleiter*innen und Expert*innen zu führen. Teil des Programms ist zudem ein Workshop mit Virginia Thielicke, bei dem sich die Studierenden mit den zum Theatertreffen der Jugend ausgewählten Aufführungen beschäftigen. In diesem Jahr hätten wir Student*innen aus folgenden Hochschulen begrüßt: Hochschule für Musik und Theater Rostock, Universität der Künste Berlin, Leibniz Universität Hannover, Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, Universität Hamburg und Europa-Universität Flensburg.

Für den Beginn des Forum-Programms hatten wir ein neues Format geplant. In einem Kickoff-Workshop mit Kristina Stang und Fernando da Ponte sollte ein Raum zum gegenseitigen Kennenlernen eröffnet werden: Was meinen wir – bzw. die unterschiedlichen Perspektiven, die dieses temporäre „wir“ ausmachen – wenn wir von Theater sprechen? Welche Erwartungen stehen in Hinblick auf das Festival selbst im Raum? Wie wollen wir das Treffen gestalten? Ein wesentliches Format des Theatertreffens der Jugend sind die täglichen Gespräche über die Aufführungen im Theatertreffen der Jugend. Theater und darüber reden! Deshalb sollte es in diesem Format auch Raum zur gemeinsamen Gestaltung der Aufführungsgespräche geben.

Die Beteiligten

Ina Driemel (Konzeptionelle Leitung) – wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Europa-Universität Flensburg am Institut für Ästhetisch-Kulturelle Bildung.

Saraya Gomis – bildungspolitische Aktivistin (u. a. Vorstand bei EACH ONE TEACH ONE e. V.) und engagiert in schulischer und außerschulischer Bildungsarbeit.

Verena Lobert – Kulturwissenschaftlerin, Theaterschaffende und Gründungsmitglied der Frl. Wunder AG.

Fernando da Ponte – Theaterlehrer am Hermann-Hesse-Gymnasium in Kreuzberg/Berlin.

Joanna Merete Scharrel – Schulberaterin und Coachin bei proSchul, Dozentin an der Universität der Künste Berlin im Seminar „Theater in der Schule“.

Kristina Stang –Theaterpädagogin und Dramaturgin.

Dr. Virginia Thielicke – Lehrerin für Theater, Kunst und Spanisch an einem Hamburger Gymnasium. Dozentin an der Universität Hamburg.

Annika Vogt – Theaterpädagogin, Regisseurin und Lehrkraft für Zeitgenössisches Theater/Performance an der grund_schule der künste an der Universität der Künste Berlin.

Marleen Wolter – Kulturwissenschaftlerin, Theaterschaffende und seit 2012 Mitglied der Frl. Wunder AG.