Ensemble Modern

Hugues Dufourt, einer der bekanntesten französischen Gegenwartskomponisten wird mit seinem neuesten Werk „Hivers/Winter“ in der Berliner Gemäldegalerie zu erleben sein. Die Wahl einer Gemäldegalerie als Umgebung für die Aufführung des Winterzyklus ist kein Zufall. Dufourt fühlt sich gerade mit der älteren Malerei auf besondere Art verbunden und wählte vier Marksteine der Kunstgeschichte als ideelle und atmosphärische Referenzpunkte für die vier Teile des zyklischen Werks. „Der Winter oder die Sintflut“ (1660 – 1664) von Nicolas Poussin, „Der Philosoph“ (1632) von Rembrandt, „Der Jäger im Schnee“ (1565) von Pieter Bruegel und „Die Gondel in der Lagune“ (gegen 1780) von Francescos Guardi.

„Sie (die alte Malerei) ist für mich Mittel zur Distanzierung und Hinterfragung der Geschichte, zum Durchleuchten großer existentiell, der Themen wie Einsamkeit, Verlassenheit und Naturvorstellung im Werk Pieter Bruegel d. Ä.; oder auch die der religiösen Themen wie das radikal Böse und der göttliche Zorn in ‚Der Jäger im Schnee‘, Ausdruck eines absoluten historischen Pessimismus, oder ähnlich die der theologischen Themen einer Sintflut bei Poussin.“ So beschreibt Dufourt seinen Bezug zu den Altmeistern. Musikalisch steht Dufourt der Schreib- und Denkweise der französischen Spektralisten nahe, die das Innere des Klangs fokussieren, erforschen und im Sinne einer „Ästhetik der Transparenz“ nach Außen stülpen. Dufourts Musik haftet auch eine düstere Klangqualität an, außerdem ist sie voller Brüche. Vielleicht sind es gerade diese Charakteristika der Dufourtschen Musik, die das besondere Charisma des Winterzyklus ausmachen, der im historischen Spannungsfeld zwischen einer vergangenen Ästhetik der Malerei und einer im Jetzt angesiedelten Klangsprache steht.

Dieses Spannungsfeld selbst als Konzertbesucher zu erfahren und vielleicht auch Berührungspunkte zu begreifen, ermöglicht eine spezielle Öffnungszeit der Gemäldegalerie. Die Räume stehen bis zum Tageswechsel der intimen Bildbetrachtung offen.