Konzert
Gastspiel: Rotterdam
Keeping it Low Key © Yiannis Theologos Michellis, auf: www.thephotoargus.com/35-gorgeous-examples-chiariscuros
Das Rotterdam Philharmonic Orchestra, geleitet von Yannick Nézet-Séguin nimmt sich in seinem Gastspiel in Berlin Bernd Alois Zimmermanns „Sinfonie in einem Satz“ an, die seit 65 Jahren nicht mehr in dieser Version (mit Orgel) gespielt worden ist, obwohl der Komponist nach der Uraufführung durchaus mit ihr zufrieden war. Dennoch revidierte er sie, straffte hier und da, instrumentierte neu, nahm die Orgel heraus. Diese aber verleiht der Ursprungsversion nicht nur eine charakteristische Klangfarbe, sondern auch eine besondere Raumwirkung. Das Musikfest Berlin erinnert zu Zimmermanns 100. Geburtstag an diese erste, experimentellere Form des Werkes. Es war für den Komponisten ein Versuch von grundsätzlicher Bedeutung, die ungewisse Antwort auf die Frage, ob sich die Entwicklung aus einer Grundgestalt mit dem symphonischen Denken vereinbaren ließe.
Womit Anton Bruckner seine Symphonien begann – die Erschaffung eines Themas, eines musikalischen Gedankens aus seinem Elementarteilchen – wurde für Zimmermann zum Prinzip des gesamten musikalischen Prozesses. Die Symphonie wurde vom diskursiven Medium zur Form einer Metamorphose, die sich auf ein Ziel richtet, ohne vorab zu wissen, wo es zu finden ist und wie es aussieht. Bruckner, der Meister, der seine Symphonien teilweise mehrfach revidierte, diente dem großräumigen Komponieren auf ein Ziel hin als Bezugsgröße, auch wenn er selbst musikalisch ganz andere Wege einschlug. Es gibt nicht nur eine Form-, sondern auch eine Ideengeschichte der Symphonie.
Bernd Alois Zimmermann [1918-1970]
Sinfonie in einem Satz [Fassung mit Orgel, 1951]
Anton Bruckner [1824-1996]
Symphonie Nr. 4 Es-Dur „Romantische” [Fassung 1878/80]
Eine Veranstaltung der Berliner Festspiele / Musikfest Berlin