Jazzfest Research Lab
Mit dem Jazzfest Research Lab, das bereits im Januar 2023 initiiert wurde, lädt das Jazzfest Berlin Wissenschaftler*innen aus Deutschland, den USA und Australien sowie Studierende der Universität der Künste Berlin und der Universität Hildesheim ein, sich kritisch mit dem Archiv aus 60 Jahren Jazzfest Berlin, seinen Programmen, Macher*innen, Musiker*innen und nicht zuletzt seinen Mythen auseinanderzusetzen. Dabei wird die Geschichte des Jazzfest Berlin hinsichtlich verschiedener Aspekte untersucht, darunter Gender und Race, sich im Zuge von gesellschaftspolitischen Entwicklungen verändernde Kuration und die Bildsprache des Festivals. Die Wissenschaftler*innen präsentieren ihre Forschungsergebnisse im Rahmenprogramm der diesjährigen Festivalausgabe in zwei offenen Diskursräumen und besprechen sie mit weiteren Interessierten und Jazzfest-Berlin-Akteur*innen. Zudem bilden ihre Untersuchungen das Herzstück des Jubiläumsmagazins zu 60 Jahren Jazzfest Berlin. Plakat- und Fotoausstellungen, ein Filmprogramm mit Konzertmitschnitten aus den ersten drei Dekaden des Festivals und Diskussionen mit Zeitzeug*innen führen im Haus der Berliner Festspiele tiefer in die 60-jährige Festivalgeschichte ein.
Jazzfest Konzertprogramm
Geschichte, Gegenwart und Zukunft wirken im vielseitigen Konzertprogramm der Jubiläumsausgabe zusammen. In 24 Acts an vier Festivaltagen teilen sich stilbildende Ikonen der Jazzgeschichte mit aktuellen Stimmen und Projekten aus der weltweiten Jazzcommunity die Bühne. Die US-amerikanische Pianistin Marilyn Crispell ist dabei gleich zweimal zu erleben: mit einem ihrer seltenen Soloauftritte am Eröffnungsabend und im Trio Tapestry um den Saxofonisten Joe Lovano. Außerdem beehren das Jazzfest Berlin dieses Jahr US-Multiinstrumentalist Joe McPhee mit dem Trio Decoy, die japanische Underground-Ikone Otomo Yoshihide mit seiner 17-köpfigen Special Big Band und der Pianist Joachim Kühn, der die Weltpremiere seines neuen Joachim Kühn French Trio in Berlin feiert.
Mit dem Sun Ra Arkestra reist pünktlich zum 60-jährigen Jubiläum das Pionier*innenensemble des Afrofuturismus aus Chicago an, das 1970 erstmals beim Festival zu Gast war. Das neu gegründete Malacoda String Quartet um den italienischen Kontrabassisten und Wahlberliner Antonio Borghini präsentiert in einer Weltpremiere drei Kompositionen des 2023 verstorbenen Cellisten Tristan Hosinger in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche.
Mit Kontrabassist Vilhelm Bromanders Unfolding Orchestra, der erweiterten Free-Jazz-Band Extended Attack der Saxofonistin Anna Högberg und dem Projekt Tropiques um Trompeter Goran Kajfeš schaffen gleich drei Projekte ganz eigene Klangwelten im Haus der Berliner Festspiele und schlagen einen Bogen zur dynamischen schwedischen Jazzszene. Weitere starke Stimmen aus Europa sind das BIDA Orchestra der Schlagzeugerin Sun-Mi Hong aus Amsterdam, das Quartett The Sleep of Reason Produces Monsters um die Turntablistin Mariam Rezaei aus London sowie die drei Trios um die Wahlberliner*innen Joel Grip, Camila Nebbia und Devin Gray.
Saxofonist Darius Jones aus den USA feiert seine Jazzfest-Berlin-Premiere und stellt sein hochgelobtes Projekt „fLuXkit Vancouver (it’s suite but sacred)“ vor. Ebenfalls über den Atlantik gereist ist die Saxofonistin Lakecia Benjamin, die ihre Europatournee mit einem ihrer seltenen Clubkonzerte im Quasimodo startet, wo auch das in Brooklyn gegründete Quartett Wrens um den zwischen Berlin und New York pendelnden österreichischen Ausnahmemusiker Elias Stemeseder auftritt. Stemeseder feiert genauso wie die herausragenden Pianistinnen aus der Schweiz und Kanada, Sylvie Courvoisier und Kris Davis, mit aktuellen Spitzenbesetzungen vorwiegend aus der New Yorker Szene Europa- bzw. Berlin-Premiere.
Neben seinem aktuellen Projekt GEORGE performt der ehemalige Hochschuldozent am Jazz Institut Berlin John Hollenbeck aus Montreal eine multimediale Berliner Version seines Projekts „The Drum Major Instinct“. In dieser immersiven Veranstaltung im Bühnenhaus setzt er sich im Dialog mit einigen legendären Konzertfilmen aus der langen Jazzfest-Berlin-Geschichte mit Martin Luther King Jr. und einer seiner letzten Predigten in Atlanta aus 1968 auseinander.
Jazzfest Community Lab Moabit: 28.10. – 3.11.2024
Im Rahmen des Jazzfest Community Lab Moabit formuliert das Festival Ausblicke für eine vielversprechende Zukunft und erkundet eine Woche lang die kulturelle Vielfalt des Nachbarkiezes. Dreh- und Angelpunkt des Projekts sind die Moabiter*innen und ihre musikalischen und kulturellen Hintergründe, ihre Geschichten, Initiativen, Herkünfte und Wünsche. Zusammen mit 38 Partnerinitiativen aus dem Bezirk und gemeinsam mit Musiker*innen und Künstler*innen wurden Ideen, Projekte und Formen einer möglichen Zusammenarbeit rund um die Rituale des Geburtstag-Feierns und des Miteinander-Musizierens sowie die Themen Zeit, Herkunft und Zukunftsgestaltung entwickelt. Schon ab dem 28. Oktober und damit die gesamte zweite Woche der Herbstferien nehmen über 350 Teilnehmer*innen aller Altersgruppen unter Einbezug von 40 Musiker*innen des diesjährigen Jazzfest Berlin und 20 interdisziplinären Workshopleiter*innen 25 im Bezirk verteilte Orte ein und bauen dadurch eine musikalische Brücke zwischen dem Haus der Berliner Festspiele in Wilmersdorf und Moabit.
Angefangen vom SOS-Kinderdorf Berlin über Schulen, Chöre, Kirchen, Kulturorte wie das Afrika-Haus Berlin, der PAS Berlin oder das Theater X bis hin zu Kiezküchen, einer Saz-Schule, Stadtteilläden, Musikschulen oder dem Jazz Institut Berlin beteiligen sich zahlreiche Initiativen und Menschen in Moabit an Workshops, Erzählformaten, künstlerischen Interventionen und Kiezkonzerten.
Das Jazzfest Community Lab Moabit und das Jazzfest Research Lab flankieren das Konzertprogramm der Jubiläumsausgabe, das Künstler*innen mehrerer Generationen aus der internationalen Jazzszene vereint. Zwischen den Zeiten vermittelnd und dank neuer Partnerschaften hinterfragen die beiden Geburtstags-Specials Selbstverständlichkeiten und verlassen Komfortzonen, um neue Impulse zu setzen. Seien Sie dabei und unser Gast, feiern Sie mit uns 60 Jahre Jazzfest Berlin!