Konzert | Afternoon Concert
Charlie Chaplin, Cello spielend, ca. 1915 Foto: Library of Congress Washington
Johann Sebastian Bachs 6 Suiten für Violoncello sind ein Werk, das weit bis in das 20. Jahrhundert kompositorisch und in seinen Anforderungen an die Interpret*innen das Maß aller Dinge war und die Entwicklung des Cello musikalisch wie technisch in neue Sphären führte. Der deutsch-französische Violoncellist Nicolas Altstaedt begibt sich an diesem Abend in das Zentrum des Kosmos Cello mit einem Solo, das um Weiten vielschichtiger ist, als der Begriff suggeriert.
Beim Musikfest 2014 interpretierte Isabelle Faust alle sechs Sonaten und Partiten, die Johann Sebastian Bach für Violine allein komponierte. Nicolas Altstaedt setzt die Reihe in diesem Jahr mit dem Pendant fort: mit der Aufführung der sechs Suiten für Violoncello solo. Mit ihnen schuf Bach für das tiefe Streichinstrument ein exemplarisches Kompendium, das den Sonaten und Partiten für Geigen wie dem „Wohltemperierten Klavier” nicht nachsteht. Neben dem bis heute gebräuchlichen Instrument verlangt er für die fünfte Suite eine sogenannte Scordatur: Die obere Saite wird um einen Ton von a nach g heruntergestimmt, der Grundklang dadurch gedeckter. Bach entspricht dem mit der Wahl der Tonart c-Moll, der dunkelsten in der ganzen Gruppe. Die sechste Suite in der Festtonart D-Dur sah er für ein Violoncello piccolo vor, ein fünfsaitiges Instrument, das über der a-Saite noch eine e-Saite besitzt und damit hellere Regionen ansteuern kann, die Bach auch bevorzugt. Jede Suite beginnt mit einem „Preludio”; die musikalische Spanne reicht dabei vom fantasieartigen, improvisationsnahen Virtuosenstück bis zum Typus der französischen Ouvertüre mit integrierter Fuge. Bei den nachfolgenden Tanzsätzen wählte Bach die Standardfolge von (mäßig schneller) Allemande, (rascher) Courante, (langsamer) Sarabande und (meist sehr schneller) Gigue. Jede Suite stilisiert den jeweiligen Typus auf besondere Art. In alle fügte er vor der abschließenden Gigue einen weiteren Satz ein: ein Menuett, eine Bourrée oder eine Gavotte. Bis weit ins 20. Jahrhundert blieben diese Werke kompositorisch und in ihren Anforderungen an die Interpreten das Maß aller Dinge: das Zentrum im Kosmos Cello.
Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)
6 Suiten für Violoncello solo BWV 1007-1012 (vor 1719)
Suite Nr. IV Es-Dur BWV 1010
Suite Nr. V c-Moll BWV 1011
Suite Nr. VI D-Dur BWV 1012
Suiten I – III im Konzert um 11:00 Uhr
Programmänderungen vorbehalten
Nicolas Altstaedt – Violoncello und Violoncello piccolo
Eine Veranstaltung der Berliner Festspiele / Musikfest Berlin.