Konzert
Vladimir Jurowski, Leitung
Strawinsky | Hindemith
Igor Strawinsky, Aufnahme aus den 1920er – 1930er Jahren, George Grantham Collection Gemeinfrei, Wikimedia Commons
Ein ungewöhnliches Strawinsky-Porträt präsentieren das Rundfunk-Sinfonieorchester und Vladimir Jurowski beim Musikfest Berlin: selten gespielte Werke aus den 1920er Jahren und dem Spätwerk, abgerundet durch die Symphonie „Mathis der Maler“ von Paul Hindemith, dessen Wege sich mit denen Strawinskys mehrfach kreuzten.
Strawinsky und Hindemith trafen sich Anfang der 1930er Jahre in Berlin. Hindemith zerstreute damals Strawinskys Bedenken, als Nichtgeiger ein Violinkonzert zu schreiben. Das RSB führte das Werk am 23. Oktober 1931 unter Strawinskys Leitung in Berlin erstmals auf. 1940 trafen sich beide Komponisten in den USA wieder. Strawinsky verließ seine Wahlheimat Paris kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs und zog an die amerikanische Westküste; Hindemith wählte nach der Kontroverse um seine Oper „Mathis der Maler“, nach tatkräftiger Hilfe beim Aufbau eines Konservatoriums in Ankara und einer Zwischenstation in der Schweiz 1940 das Exil an der amerikanischen Ostküste, in Boston.
Das Programm vereint Werke des Gedenkens und Erinnerns. Die kurzen „Bläsersymphonien“ schrieb Strawinsky zu Ehren Claude Debussys. Er würdigte den Verstorbenen, indem er sich dessen Stil nicht anpasste, sondern mit seiner ungleich kantigeren Diktion auf dessen musikalische Persönlichkeit antwortete. Die Kantate „Abraham und Isaak“ komponierte er für das Israel-Festival 1964. Er nannte sie eine Ballade, denn die Musik sollte durch eine erzählende Haltung, nicht durch Gefühlssuggestion wirken. Er bestand darauf, dass für Aufführungen nur der hebräische Text, keine Übersetzung verwendet würde. Die europäische Premiere fand einen Monat nach der Jerusalemer Uraufführung im Rahmen der 14. Berliner Festwochen statt. Die „Variations“, sein letztes rein instrumentales Werk, widmete er dem Gedenken an Aldous Huxley, seinen Nachbarn in Hollywood und geschätzten Gesprächspartner. Huxley starb 1963, kurz vor Karl Amadeus Hartmann und Paul Hindemith, die Strawinsky hochschätzte.
Hindemiths „Mathis“-Symphonie war eine Vorarbeit zu seiner gleichnamigen Oper. Um diese entspann sich 1934 eine Kontroverse, die den Komponisten schließlich dazu bewog, Deutschland erst vorübergehend und dann ganz zu verlassen. Das Sujet der Oper ist ein in die Geschichte versetzter Spiegel seiner eigenen Existenz: der des Künstlers in Zeiten der Unruhe und des Umbruchs, in denen die Frage der Wahrhaftigkeit besonders dringlich gestellt wird.
Igor Strawinsky (1882 – 1971)
Symphonies d’instruments à vent (1920)
Claude Debussy zu Ehren
Igor Strawinsky
Abraham und Isaak (1962/63)
Geistliche Ballade für Bariton und Kammerorchester
Dem Volk des Staates Israel gewidmet
Igor Strawinsky
Konzert für Klavier und Blasinstrumente (1923/24)
Igor Strawinsky
Variations Aldous Huxley in memoriam (1963/64)
für Orchester
Paul Hindemith (1895 – 1963)
Symphonie Mathis der Maler (1934)
Georg Nigl – Bariton
Tamara Stefanovich – Klavier
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Vladimir Jurowski – Leitung
Eine Veranstaltung von Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin in Kooperation mit Berliner Festspiele / Musikfest Berlin