Performance Installation

Ana Maria Rodriguez / Melita Dahl: code switching

Video/Audio Performance & Installation (2003/2004) UA

Die Komponistin Ana Maria Rodriguez und die Videokünstlerin Melita Dahl nähern sich in der performativ bespielbaren Audio/Video Installation code•switching psychologischen und emotionalen Aspekten der menschlichen Persönlichkeit und knüpfen ein Beziehungsgeflecht aus drei verschieden codierten Systemen, nämlich dem visuell mimischen, dem semantischen und dem akustischen.

Sie fokussieren dabei insbesondere Übergänge und Veränderungen. Eine multiperspektivische Zerlegung und Neu-Komposition ist dabei entstanden, die etwa in die Nähe rückt, was sich nicht nah ist und zeitlich dehnt, was sich gewohnter weise in schneller Bewegung vollzieht.

Wie durch ein optisch-akustisches Vergrößerungs- oder Verkleinerungsglas werden Aspekte von Sprache und Persönlichkeit neu betrachtet und fremdartige Verbindungen geschaffen, die irritieren können. Hinter der Komplexität dieser multiperspektivischen Betrachtung steht ein klar definiertes Ausgangsmaterial: Die kleinste sinnhafte sprachliche Einheit der Sprache: das Phonem diente sowohl den musikalischen Strukturen als auch den Videobildern als Basis. Die Stimmkünstlerin Ute Wassermann hat die akustischen Elemente erzeugt, ihr Gesicht wurde in vielfältigen inszenierten Stimmungslagen fotografiert.

Ähnlich konzentriert wie das Material ist auch die Präsentationssituation. Auf vier übermannsgroßen Leinwänden wird der Kopf von Ute Wassermann vierfach projiziert. Die parallelen Bilder unterscheiden sich im Ausdruck, der formale Aufbau variiert jedoch nicht. Mit der Technik des Foto-Morphings hat Melita Dahl die einzelnen Fotos zu Filmssequenzen animiert. Das Gesicht wird mit dieser Technik in einzelne Bestandteile zerlegt, durch die die Transformation eines Gesichtsausdrucks in einen anderen bestimmt werden kann. Es entsteht ein Kontinuum der Ausdrucksverwandlung, das z.B. Zeichen von Furcht und Verlangen in eine beklemmende Nähe rückt.

Ana Maria Rodriguez arbeitet in der akustischen Schicht ebenfalls mit einem Kontinuum, hier einem klanglich-semantischen: Phoneme werden in ihrem klanglichen Spektrum ausgelotet und zu rhythmischen Figuren geclustert – manchmal erinnern sie an Worte und verweisen dann auf einen semantischen Raum. In der Komposition, die der Performance mit Ute Wassermann zugrunde liegt, entsteht eine formale Dramaturgie, indem Bereiche vokaler Artikulation in den einzelnen Abschnitten konzentriert sind. Sprache wird in ein klangliches Sinn-/Klanggeflecht aufgefächert, das einen neuen, eigenen Sprachraum generiert. Der aus den Sprachklängen gestaltete musikalische Prozess ereignet sich quadrofon im Raum und verdichtet sich mit den Verwandlungen in der optischen Schicht.

In der Installation sind die optischen und akustischen Prozesse durch programmierte generative Schnittstellen miteinander verbunden. Es entsteht ein Fluss aus sich immer erneuernden Klang-Bild-Verbindung. Die Performance mit Ute Wassermann basiert auf einer notierten Komposition und einer Live-Steuerung von Elektronik und Bild.

So entsteht durch den permanenten Wechsel der Codes ein komplexes und überraschendes intrasemiotisches Beziehungsgeflecht aus optischen, akustischen und semantischen Elementen, das einen neuen sinnlich erfahrbaren Bedeutungsraum eröffnet.

Besetzung

Ute WassermannStimmperformance
Ana Maria Rodriguez Konzept/Komposition/Live-Elektronik
Melita DahlKonzept/Video
Yunchul KimVideo-Programmierung/Interaktives Konzept
Andre BartetzkiKlangregie/Live-Elektronik
Götz Dihlmann – Technische Leitung
Julia GerlachProduktionsleitung

In Zusammenarbeit mit Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof und Studio für Elektroakustische Musik der Akademie der Künste, ermöglicht durch Hauptstadtkulturfonds und Australia Council