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Vom Zerfall einer Beziehung
Walking in the limits ist das vielschichtige Werk des Schweizer Künstlers Heinz Reber. Es setzt sich zusammen aus den von ihm verfassten Berliner Cantos und der Komposition Strings and Superstrings. Die drei monologisch angelegten Cantos (Frau, Mann, Besucher) handeln vom Zerfall einer Beziehung vor dem Hintergrund der ebenfalls im Zusammenbruch begriffenen DDR. Den musikalischen Hintergrund bildet Rebers Komposition Strings and Superstrings, die mit der „Superstringtheorie“ auf einer Hypothese der theoretischen Physik basiert. Diese besagt, dass die kleinsten Teilchen unseres Universums keine Punkte, sondern schwingende Saiten (Strings) in einem mehrdimensionalen Universum sind. Die sich daraus ergebende „kosmische Symphonie“, wie Reber es nennt, hat der Komponist in einer Komposition für drei Streicher aufgegriffen. In der Kombination von live erzeugter Musik und Toneinspielungen mehrerer unabhängiger Streicheraufnahmen findet er einen Ausdruck für die String-spezifische Mehrdimensionalität.
Stars auf der Bühne
Der deutsche Regisseur Frank Krug, der bereits auf Arbeiten mit Reber zurückblicken kann, hat die verschiedenen Elemente in den letzten zwei Jahren zu einem großen Ganzen zusammengefügt. Der australische Architekt und Medienkünstler Lawrence Wallen [...] hat dafür eine Raumsimulation entworfen [...] Viviane de Muynck gibt die irritierte Frau neben André Jung als zweifelndem Mann. David Bennent [...] bricht schließlich als impulsiv entrückter „Besucher“ in den (Beziehungs-)Raum des Paares ein. Mit Charlotte Hug (Viola), Maya Homburger (Violine) und Barry Guy (Kontrabass) agieren daneben drei hochkarätige Solistinnen.
Walking in the limits ist ein homogenes Gesamtkunstwerk aus Klang, Wort und Raum, das sich mit dem Verständnis von Raum und Zeit in einem ganz existenziellen Sinn befasst: Es setzt sich mit Wahrnehmung auseinander und beleuchtet die Struktur der individuellen Erinnerung. Walking in the limits erscheint als ein zeitlos entfesseltes, mehrdimensionales, schwebendes Kunstwerk, in dem das Virtuelle und das Reale sich vielfältig ineinander verschränken. Ein Kunstwerk, das sich weniger über den Intellekt als vielmehr über Empfindungen begreifen lässt.
aus: Isabell Hemmel, Walking in the limits, in: Tagesanzeiger Zürich, 17.8.2006
Heinz Reber
Walking in the limits
Musiktheater (2006) DE
Viviane de Muynck – Frau | La Femme
André Jung – Mann | L’Homme
David Bennent – Besucher | Le Visiteur
Maya Homburger – Violine
Charlotte Hug – Viola
Barry Guy – Kontrabass
Heinz Reber – Komposition/Text
Frank Krug – Regie
Lawrence Wallen – Bühne
Matthias Kirschke – Ton
Andreas Greiner – Licht
Hélène Mauler/René Zahnd – Übersetzung
Produktion telekult Film- und Medienproduktion GmbH, Koproduktion Zürcher Theater Spektakel, La Bâtie – Festival de Genève, Grand Théâtre de la Ville du Luxembourg, MaerzMusik | Berliner Festspiele in Zusammenarbeit mit Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz und Pro Helvetia