Kino | 70 Jahre Berliner Festspiele

Ballo Excelsior oder die Reise durch die Eroberungen des Menschlichen Geistes

Compagnia marionettistica Carlo Colla e figli, Berliner Festwochen 1983
Farbe
16.– 18.09.1983

Film, Farbe, Ton. Filmstill © RBB | Assoziation Grupporiani

Die von Gaspare Carlo Gioacchino Colla gegründete Compagnia Colla pflegt eine der schönsten Traditionen des Puppenspiels – Sänger und Tänzer aus Holz führen in bezaubernden Dekorationen die großen Opern, die kleinen Singspiele und die prächtigen Ballette vor.

Zur Ausstattung vornehmer Mailänder Wohnungen gehörte im vorigen Jahrhundert ein Marionettentheater, oft von beträchtlichen Ausmaßen. Als Gaspare Carlo Gioacchino Colla, genannt Giuseppe, Spross einer ehemals wohlhabenden Familie, in finanzielle Not geriet, verwandelte er ein Kindervergnügen zum Beruf und zog mit seinen Puppen durch die Städte Piemonts.

Die kleine Marionettenbühne übernahm die Erfolgsproduktion des renommierten Teatro alla Scala in ihr Repertoire und imitierte mit Sorgfalt Dekorationen und Kostüme. Die Handlung wurde auf die bekanntesten Arien reduziert und oft wurde zusätzlich eine komische Figur eingefügt. An Pracht und Aufwand konnten diese Aufführungen für alle durchaus mit denen konkurrieren, die nur für Adel und Bourgeoisie gemacht waren. Etliche Werke Meyerbeers, Bellinis, Ponchiellis und Donizettis überlebten sogar nur auf diese Art. Der „Ballo Excelsior“, jenes legendäre Spektakel zur Verherrlichung der Wissenschaft, das bei der Weltausstellung 1881 Furore machte, existiert als getreue Kopie der monströsen Uraufführung. Es war zwar die erfolgreichste Produktion der Scala überhaupt, erforderte aber mit allein 600 Mitwirkenden einen ungeheuren Aufwand, so dass heute nur noch die Marionettenbühne einen authentischen Eindruck von der Fortschrittsgläubigkeit unserer Urgroßväter vermitteln kann.

Ballett Luigi Manzotti
Musik Romualdo Marnco
Künstlerische Leitung Eugenio Monti Colla

© RBB | Associazione Grupporiani