
Lisa Streich © Ricordi/Harald-Hoffmann
Die Begegnung mit der Musik Rebecca Saunders bildete die entscheidende Anregung für Lisa Streich, Komponistin zu werden. Streich, 1985 im schwedischen Norra Råda geboren und in der Nähe von Hamburg aufgewachsen, studierte Komposition und Orgel in Berlin, Stockholm, Salzburg, Paris und Köln bei Johannes Schöllhorn, Adriana Hölszky, Mauro Lanza, Margareta Hürholz und anderen. In Meisterkursen bei Chaya Czernowin, Brian Ferneyhough, Steven Takasugi und Beat Furrer erhielt sie weitere wichtige Impulse. Heute zählt Streich aufgrund ihrer prägnanten Klangsprache, mit der sie internationale Bekanntheit erlangte, zu den profiliertesten Komponistinnen der Gegenwart. Streichs instrumentales und vokales Schaffen ist geprägt von Extremen, insbesondere von Artikulationen und Klangfarben im Grenzbereich von Ton und Geräusch. Dabei kommen regelmäßig selbstentworfene mechanische Klangerzeuger zum Einsatz, welche die Klanggebung entsubjektivieren sollen. Sie beruhen auf rotierenden Papierstreifen, die Saitenklinger anschlagen: Charakteristische Beispiele sind das Klaviertrio für Violine, motorisiertes Violoncello und Klavier (2015), „Laster“ für motorisiertes Klavier und Kammerorchester (2019) oder „OFELIA“ für großes Ensemble, motorisiertes Klavier und vier Lautsprecher (2024). Die Inhalte von Streichs zerbrechlichen Klangwelten sind häufig spirituell oder religiös geprägt. „PITÀ“ für motorisiertes Violoncello und Ensemble (2012/16) verarbeitet thematische Aspekte der Geißelung und Kreuzigung; „AGNEL“ für 12-stimmigen Chor, Objekte, Knabenstimme und Elektronik (2012) verwendet Fragmente der lateinischen Messliturgie; „SEGEL“ für Orchester (2016) beruht auf der Dekonstruktion und harmonischen Filterung bereits bestehender Sakralmusik. Streichs Werke werden von international renommierten Interpret*innen aufgeführt, darunter das Quatuor Diotima, Ensemble Recherche, Ensemble intercontemporain, Ensemble Musikfabrik, Deutsche Symphonie-Orchester Berlin und die Berliner Philharmoniker. Die Komponistin erhielt zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Busoni-Förderpreis der Akademie der Künste, den Rom-Preis der Villa Massimo oder 2017 den Förderpreis Komposition der Ernst von Siemens Musikstiftung. Im Jahr 2020 wurde sie mit dem ersten Claussen-Simon-Kompositionspreis ausgezeichnet, 2021 mit dem Lilla Christ Johnson Preis der Royal Swedish Academy of Music und 2022 mit dem Heidelberger Künstlerinnenpreis. 2024 war sie Composer in Residence des Royal Stockholm Philharmonic Orchestra und des Lucerne Festival. Lisa Streich lebt auf der schwedischen Insel Gotland.
Stand: März 2025