Richard Sennett

Richard Sennett untersucht, wie Einzelpersonen und Gruppen sich materielle Tatsachen gesellschaftlich und kulturell erklären – so etwa die Städte, in denen sie leben, und die Arbeit, der sie nachgehen. Sein Interesse gilt der Frage, wie Menschen dazu befähigt werden können, ihre eigenen Erfahrungen zu interpretieren, ungeachtet der Hindernisse, die ihnen die Gesellschaft dabei in den Weg legt. Seine Forschungsarbeit umfasst die Gebiete der Ethnographie, der Geschichte und der Sozialtheorie. Als Gesellschaftsanalytiker führt er die pragmatische Tradition von William James und John Dewey fort. In seinem ersten Buch „The Uses of Disorder” (1970) beschäftigte er sich damit, wie persönliche Identitäten in der modernen Stadt Form annehmen. Darauf folgte mit „The Hidden Injuries of Class“ (1972, gemeinsam mit Jonathan Cobb) eine Studie darüber, wie Identitäten in den Arbeiterklassen moderner Städte geformt werden. Im Jahr 1977 erschien eine Untersuchung der öffentlichen Sphären von Städten: „The Fall of Public Man (Verfall und Ende des öffentlichen Lebens)“. Am Ende dieser zehnjährigen Autorenschaft unternahm Sennett in „Authority (Autorität)“ (1980) den Versuch, den philosophischen Implikationen seiner Arbeit Rechnung zu tragen. Nachdem Richard Sennett seine soziologische Forschung unterbrochen hatte, um drei Romane zu schreiben, wandte er sich mit den nächsten beiden Büchern wieder der Stadtforschung zu: „The Conscience of the Eye (Civitas. Die Großstadt oder die Kultur des Unterschieds)“ (1990) befasst sich mit Stadtgestaltung und „Flesh and Stone (Fleisch und Stein)“ (1992) ist eine allgemeine geschichtliche Studie darüber, wie das körperliche Erleben der Menschen durch die Entwicklung von Städten geprägt wird. Als sich Mitte der 90er-Jahre die Arbeitswelt des modernen Kapitalismus rasch und radikal zu ändern begann, nahm Sennett die Arbeit an einem Projekt auf, mit dem er die persönlichen Folgen für die Arbeiter erfassen wollte und das ihn noch heute beschäftigt. Die erste dieser Studien, „The Corrosion of Character“ (1998) ist eine ethnographische Abhandlung darüber, wie sich mittlere Angestellte den „Neuen Kapitalismus“ erklären. „Respect in a World of Inequality (Respekt im Zeitalter der Ungleichheit)“ (2002) bildet die Auswirkungen neuer Arbeitsformen auf den Sozialstaat ab und „The Culture of the New Capitalism (Die Kultur des neuen Kapitalismus)“ (2006) gibt einen Überblick über diese Veränderungen. In jüngster Zeit widmete sich Richard Sennett positiveren Aspekten der Arbeit, so in „The Craftsman (Handwerk)“ (2008) und „Together: The Rituals, Pleasures and Politics of Cooperation (Zusammenarbeit: Was unsere Gesellschaft zusammenhält)“ (2012). Der dritte Band dieser Trilogie, „Building and Dwelling“, erscheint 2018.

Unter anderem wurde Richard Sennett mit dem Hegel–Preis und dem Spinoza-Preis ausgezeichnet; er ist Ehrendoktor der University of Cambridge.

Stand: Januar 2018