Gabriel Fauré

Gabriel Fauré (1845 – 1924) ist zwar Generationsgenosse von Tschaikowski und Dvořák, seine Lebensspanne ragt aber weit ins 20. Jahrhundert hinein. Fauré erhielt seine musikalische Ausbildung nicht am berühmten Pariser Conservatoire, sondern an einem Institut für Kirchenmusik, wo er auch eine intime Kenntnis des Gregorianischen Chorals und älterer Kirchenmusik überhaupt erwarb, die ihn von anderen französischen Komponist*innen seiner Zeit unterscheidet. Zu seinen Lehrern gehörte der zehn Jahre ältere Camille Saint-Saëns, der Fauré stark beeinflusste und mit dem sich eine lebenslange Freundschaft entspann.

Fauré machte sich zunächst als Organist an großen Pariser Kirchen einen Namen, fand gleichzeitig aber von Mitte der 1870er Jahre an auch allmählich wachsenden Zuspruch als Komponist, vor allem als Schöpfer von Liedern, Kammer- und Klaviermusik. Sein Aufstieg zu einem der geachtetsten Musiker Frankreichs vollzog sich insgesamt aber zäh. Immerhin begann er von 1896 an, am Pariser Conservatoire zu unterrichten. Seine Kompositionsklasse zog bald die bedeutendsten Talente der französischen Musik von Maurice Ravel bis Nadia Boulanger an. Aber erst 1905, als Fauré schon eigene Festivals gewidmet waren, fand er mit der Berufung zum Direktor des Conservatoires gebührende Anerkennung und endlich auch finanzielle Sicherheit. Tragischerweise machte sich gleichzeitig eine fortschreitende Schwerhörigkeit bemerkbar. Fauré verfiel in eine ernste Schaffenskrise, aus der er sich nur schwer befreien konnte. Von der 2. Violinsonate in e-Moll op. 108 aus dem Jahr 1916 an setzte dann aber parallel zum Ersten Weltkrieg eine letzte produktive Phase seines Schaffens ein, in der mehrere gewichtige Kammermusikwerke entstanden. Während seine früheren Werke den Inbegriff von lyrischer Verfeinerung, Raffinement und Ausgewogenheit darstellen, weisen diese verinnerlichten, herberen Spätwerke mit ihrer ausgeprägt individuellen Harmonik und ihrem kontrapunktischen Linienspiel einen Zug ins Abstrakte auf.