Konzert
Steve Swallow © Natalia Dobryszycka
Vergleichbar den Jahresringen eines Baumes lassen sich an der Biografie Steve Swallows ganze Entwicklungsstränge des Jazz der letzten fünfzig Jahre ablesen. Piano und Trompete als Kind und mit 14 zum Bass gewechselt, folgten Studienjahre in Komposition an der Yale Universität. Swallow verstand sich von Anfang an als Komponist und Geschichtenerzähler, der die Innovationen von Scott LaFaro, Charles Mingus und Red Mitchell verinnerlichte und weiter entwickelte.
1960 folgte er Paul und Carla Bley nach New York und spielte schon bald in der Avant-Version des Jimmy Giuffre Trios. In Gary Burtons Band wechselte er 1970 als einer der ersten Jazzbassisten überhaupt zur Bassgitarre und war damit Wegbereiter für viele große Bassisten des Jazzrock. Seit 1978 arbeitet er in Formationen von Duo bis Big Band immer wieder mit und für Carla Bley.
1991 wurde aus dieser Arbeitsgemeinschaft mit Carla Bley auch eine Lebensgemeinschaft. Swallows aktuelles Quintett ist eine Art Familientreffen, an dem mit Steve Cardenas und Chris Cheek auch zwei Musiker teilnehmen, die er aus Paul Motian’s Electric Bebop Band kennt.
Er gilt als Meister der großen Formation. Egal, ob er mit seinem eigenen Mask Orchestra oder europäischen Rundfunk Big Bands zugange ist, der britische Klangzauberer Colin Towns überträgt auf jedes Ensemble jene funkelnde Palette zwischen Intimität und Opulenz, über die nur er verfügt und die ihn so charakteristisch abhebt vom Gleichklang konventionellen Arrangeur-Handwerks.
Dabei begann er einst als Keyboarder und Arrangeur der Ian Gillan Band mit wesentlich handlicheren Formaten. Mit seinem neuen Sextett Blue Touch Paper kehrt er nun zur kleinen Besetzung zurück. Besser gesagt, mit all seinen Erfahrungen aus Rock, Jazz und Filmmusik beginnt er noch einmal ganz von vorn. Es fällt schwer, einen Begriff für diesen Sound zu finden. Man könnte es leichtfertig Jazzrock nennen, doch genau genommen hat diese lustvolle Bündelung aller musikalischen Richtungen des späten 20. Jahrhunderts mehr mit multistilistischen Bands wie Radiohead oder Portishead gemein.
Colin Towns zeigt uns einmal mehr auf beeindruckende Weise, dass Bewegung das Ziel jeder musikalischen Entwicklung ist.
Steve Swallow – bass
Chris Cheek – tenor saxophone
Carla Bley – Hammond B3
Steve Cardenas – guitar
Jorge Rossy – drums
Colin Towns – keyboards, compositions
Mark Lockheart – saxophone
Chris Montague – guitar
Edward Maclean – bass
Benny Greb – drums
Stephan Maas – percussion