Konzert
Blau ist nicht nur eine Farbe, Blau ist auch ein Klang. Begriffe wie ‘Blues’ und ‘Blue Notes’ stehen für jene einmalige Melancholie in der Musik, die untrennbar mit der Weite assoziierenden Sehnsucht der Farbe Blau verbunden sind. Nicht umsonst gehören John Coltranes Blue Train und Miles Davis’ Kind of Blue zu den unerreichten Meisterwerken unter den Jazzplatten.
Wenn der Komponist und Arrangeur Vince Mendoza sich mit der Farbe Blau beschäftigt, geht es ihm zunächst tatsächlich eher um visuelle als um musikalische Anknüpfungspunkte. Die Basis für das Projekt Blauklang ist ein Gemälde des deutschen Malers Ernst Wilhelm Nay (1902–1968) mit demselben Titel.
Mendoza versteht sich wie kaum ein zweiter darauf, elektrische und akustische Instrumente ohne Brüche zu einer Einheit zu führen und einer mit internationalen Stars besetzten Formation eine gemeinsame Klangfarbe – in diesem Fall Blau – zu entlocken. Ensembleauftrag und solistische Tupfer zerfließen unter seiner Hand zu einer aquarellen Oberfläche von bezaubernder innerer Logik und Geschlossenheit.
Dem Anspruchsvollen einen populären Anstrich zu geben: Diese Fähigkeit hat Vince Mendoza zu einer gefragten Größe in Jazz und Pop gemacht (Björk, Sheryl Crow, Joni Mitchell, Ute Lemper, Elvis Costello, Dianne Reeves, die Yellowjackets, Michael und Randy Brecker, Jens Winther, Joe Zawinul). Der Komponist und Arrangeur, der seinen Durchbruch mit dem Projekt Jazzpaña erlebte, arbeitet mit den renommiertesten Klangkörpern: sei es mit der WDR Big Band, mit Orchestern in London, Paris und Berlin oder als principal guest conductor des niederländischen Metropole Orchestra.
Anfang 2007 brachte die WDR Big Band Köln mit ihrem Gast, dem amerikanischen Funksaxophonisten und Sänger Maceo Parker und dem Programm Roots & Grooves bei einer ausgedehnten Tournee ihr Publikum zum Kochen. Aufgrund des großen Erfolges sind zahlreiche Einladungen von großen europäischen Sommer-Jazzfestivals eingegangen, so dass diese Zusammenarbeit jetzt mit einem Tribute to Ray Charles fortgeführt wird. In diesem energiegeladenen Programm stellt Maceo Parker auch sein sängerisches Können unter Beweis.
Die WDR Big Band Köln hat in der Wahl ihrer Programme noch nie besondere Scheu an den Tag gelegt. Wer in einer Festung des Karnevals beheimatet ist, kann kein Kind von Traurigkeit sein. Was bei aller Vielseitigkeit immer wieder verblüfft, ist der hohe Qualitätsstandard der Band, von der Fachwelt und musikalische Gäste nachhaltig zu rühmen wissen.
Mit ihrem Tribute to Ray Charles versetzten sie den Genius des Soul an den Rhein bzw. für das JazzFest an die Spree zu versetzen. Nun sorgen die Kölner für den nächsten Wirbel. Immerhin kann man die ergreifenden, ursprünglich ungeheurem Leid abgetrotzten Spirituals des 2004 verstorbenen blinden Sängers nicht ohne weiteres in einen saturierten europäischen Kontext übertragen.
Doch die WDR Big Band versichert sich eines Gewährsmannes, der genau weiß, worum es bei Ray Charles geht:
Saxofonist Maceo Parker spielte jahrzehntelang an der Seite von Soul- und Funk-Legenden wie James Brown, George Clinton und Prince. Zwar hat Parker selbst nie in der Band von Ray Charles gedient, doch sieht er sich in unmittelbarer Tradition von Charles’ langjährigem Altsaxofonisten Hank Crawford. Dem widmet sich am Schlussabend des diesjährigen Festivals auch ein weiterer JazzFest-Gast – wie überhaupt kaum ein anderes Instrument die „Unkaputtbarkeit“ der roots’n’grooves vermitteln kann, wie ein heißtemperiertes Altsax.
Vince Mendoza – compositions, conductor
Markus Stockhausen – trumpet
Claudio Puntin – clarinets, saxophones
Niels Klein – bass clarinet, baritone sax
Stéphane Guillaume – tenor, alto & soprano sax
Arkady Shilkloper – french horn
Jon Sass – tuba
Nguyên Lê – guitar
Ulla van Daelen – harp
Christopher Dell – vibraphone
Lars Danielsson – bass
Peter Erskine – drums
Gerdur Gunnarsdóttir String Quartet
Maceo Parker – saxophone, vocals
Michael Abene – conductor
Andy Haderer, Rob Bruynen, Klaus Osterloh, John Marshall, Wim Both – trumpets
Ludwig Nuss, Bernt Laukamp, Mattis Cederberg – trombones
Heiner Wiberny, Karolina Strassmayer, Olivier Peters, Paul Heller, Jens Neufang – saxophones
Frank Chastenier – piano, keyboards
John Goldsby – bass
Paul Shigihara – guitar
Hans Dekker – drums