Panel | Blick zurück in die Zukunft afroamerikanischer Musik
Von der Wiege kollektiver Bewegungen afroamerikanischer Musik in Chicago hin zu aktuellen internationalen künstlerischen und wissenschaftlichen Positionen
Zukunftsvisionen beziehen immer auch Stellung zur Gegenwart. Bei aller Unklarheit darüber, wo die stilistischen und thematischen Grenzen jenes heterogenen Genre-Gemenges an Werken und Künstler*innen verlaufen, denen Kritiker Mark Dery 1994 nachträglich seine Wortschöpfung „Afrofuturismus“ aufprägte und die sich irgendwo frei zwischen Elementen des Science-Fiction, magischem Realismus, außerirdischen Mythen, westlichen Kosmologien und gänzlich postapokalyptischen Zuständen bewegen, lässt sich doch ein verbindendes Moment ausmachen: Afrofuturistische Kunst setzt aus Protest am Status Quo einer nach wie vor rassistisch geprägten Gesellschaftsordnung auf die Zukunft und visioniert eine andere Welt.
Stilistisch heterogen in ihrem Schaffen, doch verbunden in ihrer politischen Motivation und Sprengkraft sind auch die Künstler*innen, die beim Jazzfest über das Thema diskutieren werden: Free Jazz-Legende Roscoe Mitchell hat als Gründungsmitglied des Art Ensemble of Chicago nicht nur die Anfänge des Afrofuturismus im Chicago der 1960er-Jahre aus erster Hand erlebt, sondern als Mitbegründer der Association for the Advancement of Creative Musicians (AACM) auch aktiv an einer Zukunft jenseits eines musikalischen und politischen Schubladendenkens mitgestaltet. Ausnahmeflötistin Nicole Mitchell, Vorsitzende der AACM von 2009 bis 2011, entgegnet den gesellschaftlichen Rassismen von heute mit musikalisch-spirituellen Expeditionen in eine bessere Welt von morgen. Aktivistin und spoken word-Künstlerin Camae Ayewa aka Moor Mother feilt an der Zukunft, indem sie mit sozialem Engagement im Hier und Jetzt interveniert und die Rassendiskriminierung in ihren mannigfaltigen Gestalten lautstark und wortgewaltig an den Pranger stellt. Einen spannenden Einblick aus der Wissenschaft in die weniger bekannten deutschen Spielarten des Afrofuturismus vermag die US-amerikanische Kulturwissenschaftlerin und Germanistin Priscilla Layne zu geben, die sich als Berlin Prize-Stipendiatin der American Academy derzeit zu Forschungszwecken in Berlin aufhält und an ihrem aktuellen Buchprojekt zum Afrofuturismus in Deutschland arbeitet. Moderiert wird das Gespräch von Saxofonist und Musikwissenschaftler Harald Kisiedu, zu dessen Forschungsinteressen u. a. die Musik der afrikanischen Diaspora zählt sowie Themenkomplexe, die an der Schnittstelle von Politik und Musik angesiedelt sind.
Moor Mother bei Facebook
RoscoeMitchell @ ECM
Website von Nicole Mitchell
PriscillaLayne @ American Academy in Berlin
HaraldKisiedu @ Columbia University
Mit Camae Ayewa aka Moor Mother, Roscoe Mitchell, Nicole Mitchell, Priscilla Layne
Moderation: Harald Kisiedu
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