Konzert
Eve Risser, Ambrose Akinmusire, hr-Bigband © Jeff Humbert, Christie Hemm Klok, Dirk Ostermeier
Neben den Deutschlandpremieren „Après un rêve“ der einfallsreichen Pianistin Eve Risser und Ambrose Akinmusires „Origami Harvest“ wird am Samstagabend die hr-Bigband featuring Joachim Kühn und Michel Portal mit der Hommage „Melodic Ornette“ zu erleben sein.
Deutschlandpremiere
Die französische Pianistin Eve Risser erkundet ihr Instrument unermüdlich auf der Suche nach neuen klanglichen Möglichkeiten innerhalb der improvisierten Musik – ganz gleich, ob mit dem Pariser Orchestre National de Jazz, in dem sie fünf Jahre lang Mitglied war, oder im vierhändigen Duett mit der slowenischen Pianistin Kaja Draksler. Unabhängig vom jeweiligen Kontext zeigt Risser am präparierten Klavier stets großes Können und lässt das Instrument mit ihren Fähigkeiten wie eine ganze Symphonie aus vorwiegend perkussiven Sounds, dröhnenden Schwingungen und einer Vielzahl an Summgeräuschen klingen, wobei sie stets nach strikter kompositorischer Logik vorgeht. Beim Jazzfest Berlin präsentiert sie gemeinsam mit dem Sounddesigner Adrian Bourget eine neue Arbeit für präpariertes Klavier, die auf ihrem Soloalbum „Des Pas Sur La Neige“ aus dem Jahr 2015 aufbaut. Darin baut sie das erweiterte Vokabular ihres Instruments zu einem fesselnden Erzählfluss voll Drama, Geheimnis und Unergründlichkeit aus.
Eve Risser bei ARTE
Deutschlandpremiere
Der Trompeter Ambrose Akinmusire hat sich als einer der nachdenklichsten und innovativsten Köpfe der internationalen Jazzszene einen Namen gemacht, indem er seine elektrisierende Musik mit beißenden politischen Untertönen durchtränkt. „Origami Harvest“ gilt als seine bislang ambitionierteste Arbeit, in der sich seine anhaltende Liebe zum Hip-Hop mit beeindruckender Könnerschaft in kammermusikalischer Komposition paart. Seine dynamische Rhythmusgruppe um Pianist Sam Harris und Schlagzeuger Justin Brown erzeugt schlichte Grooves mit starken Boom-bap-Zügen, die hervorragend zu der selbstbewussten, emotional aufgeladenen Musik passt, die der Trompeter für das Mivos Quartett komponiert hat – eines der führenden zeitgenössischen Ensembles der USA. Der Rapper Kool A.D. von Das Racist steuert skurril-bissige Kommentare bei, auf die der Bandleader unter anderem mit ausgedehnten Soli reagiert. Die stärksten Vocals stammen jedoch von Akinmusire selbst: sie sind auf „Free, White and 21“ zu bewundern, der letzten in einer Reihe von Elegien für afroamerikanische US-Amerikaner*innen, die von der Polizei getötet wurden. Beim Jazzfest Berlin wird das Ensemble durch den Rapper Koyaki ergänzt, einen erfahrenen MC aus Washington D.C. mit Wurzeln in der Go-Go-Szene (Go-Go ist ein afroamerikanischer Musikstil, der Funk- und R&B-Elemente kombiniert) der Stadt.
Ambrose Akinmusire Origami Harvest bei YouTube
Deutschlandpremiere
Auf „Something Else!!!!“, dem phänomenalen Debütalbum des Free-Jazz-Urvaters Ornette Coleman aus dem Jahr 1958, spielte Walter Norris Klavier. Danach sollte es Jahrzehnte dauern, bis Coleman wieder mit einem Tasteninstrumentalisten zusammenarbeiten würde. Wohl kein anderer Pianist hatte einen so engen Draht zu dem Saxofonisten wie Joachim Kühn: Zusammen spielten sie zwischen 1995 und 2000 16 Duokonzerte, von denen eines auf dem fantastischen Album „Colors: Live from Leipzig“ dokumentiert wurde. Coleman hat Kühn lange stark beeinflusst und brachte ihn in den 1960er- Jahren zum Free Jazz. In diesem Jahr feierte der Pianist seinen 75. Geburtstag und veröffentlichte das Soloalbum „Melodic Ornette Coleman“, eine lyrische, liebevolle Hommage an sein altes Idol, auf dem zwölf der 170 Stücke zu hören sind, die Coleman für das Duo geschrieben hatte, die aber nie zuvor aufgenommen wurden. Gemeinsam mit Jim McNeely hat Joachim Kühn nun einige dieser Stücke für die hr-Bigband arrangiert. Gleich mehrere Anhänger von Colemans einzigartiger musikalischer Vision werden bei diesem Konzert zu erleben sein, darunter eine herausragende Rhythmusgruppe um den Schlagzeuger Joey Baron und den Bassisten François Moutin sowie der grandiose französische Klarinettist Michel Portal.
Joachim Kühn Melodic Ornette Coleman bei YouTube
18:00
Eve Risser (FR) Deutschlandpremiere
Après un rêve
Eve Risser – prepared upright piano, composition
Adrian Bourget – sound design
18:30
Ambrose Akinmusire (USA) Deutschlandpremiere
Origami Harvest
Ambrose Akinmusire – trumpet
Koyaki – voice
Sam Harris – piano
Justin Brown – drums
Mivos String Quartet
Maya Bennardo – violin
Olivia de Prato – violin
Victor Lowrie – viola
Tyler Borden – cello
Pause
20:00
hr-Bigband feat. Joachim Kühn & Michel Portal (D)
Melodic Ornette
Joachim Kühn – piano
Michel Portal – clarinet, bass clarinet
François Moutin – bass
Joey Baron – drums
Jim McNeely – conductor
Jim McNeely & Joachim Kühn – arrangements
hr-Bigband
Frank Wellert – trumpet
Thomas Vogel – trumpet
Martin Auer – trumpet
Axel Schlosser – trumpet
Günter Bollmann – trombone
Janning Trumann – trombone
Christian Jaksjö – trombone
Manfred Honetschläger – trombone
Heinz-Dieter Sauerborn – sax
Oliver Leicht – sax
Tony Lakatos – sax
Steffen Weber – sax
Rainer Heute – sax
Jean Paul Höchstädter – drums
Andreas Kurz – bass