Konzert
Das Arditti Quartet, eines der weltweit bedeutendsten Streichquartette, ist mit seinen hervorragenden Interpretationen zeitgenössischer Musik eines der wichtigsten Wegbegleiter Neuer Musik geworden. Zahlreiche Werke sind diesem Quartett gewidmet und wurden von ihm uraufgeführt. Bei der diesjährigen Ausgabe von MaerzMusik erleben wir mit dem Arditti Quartet Streichquartette Georges Aperghis, Brian Ferneyhough, Hugues Dufourt, Olga Neuwirth und James Clarke, letztere in der deutschen Erstaufführung.
Das Streichquartett als ein Gespräch vernünftiger Leute? Nicht im Falle des Quartet Movements von Aperghis, in dem das Quartett wie ein „harmonischer Körper“ erscheint, wo „keiner der Musiker eine Individualität besitzt“. Seine Akkorde gleichen „objets trouves“, sie sind einfach da.
Brian Ferneyhough greift in Dum Transisset I–IV auf eine Reihe polyphoner Stücke des Renaissancekomponisten Christopher Tye zurück. Sie bilden den Ausgangspunkt für kontrastreiche und komplexe Neuerfindungen, die das historische Material zwar durchscheinen, dennoch das Werk mit dem „leicht verwirrten und bangen Versuch, Tye-Stoffe als Heilmittel gegen den Ausbruch von Chaos zu empfehlen“, verklingen lassen.
Musikalische Komplexität wie klare und kommunikative Formen und Strukturen bestimmen auch die Werke von James Clarke. „Theorien und Erklärungen folgen der Musik nach wie eine Seemöwe dem Schleppnetzfischer“, so Clarke. „Für mich ist Komponieren ein Akt des Reisens und Entdeckens, den Klängen, Ideen, Verbindungen zu Leibe zu rücken. Es ist vor allem höchst logisch und genau. Es legt keine Theorie aus.“
Eine gewissermaßen ebenso „absolute“ und innerhalb des gegenwärtigen Kunstschaffens höchst bedeutsame Musiksprache findet die österreichische Komponistin Olga Neuwirth. Bei MaerzMusik – „Utopie [verloren]“ hören wir ihr neues Streichquartett in the realms of the unreal.
Uneasiness von Hugues Dufourt, betitelt nach einem Essay von John Locke, beschreibt in extremen Registern einen Zustand von Unbehagen, einen chaotischen Seelenzustand „an der Schwelle zwischen Sehnsucht und vertrösteter Hoffnung“. Im Zentrum stehen die verwünschenden Monologe der Viola bis schließlich das Tonmaterial dieses Quartetts sich verdichtet und in eine finstere Dürre stürzt, so Dufourt.
Georges Aperghis
Quartet Movement für Streichquartett (2008)
Brian Ferneyhough
Dum Transisset I–IV after Christopher Tye (2006/2007)
Reliquary | Totentanz | Shadows | Contrafacta
James Clarke
Streichquartett Nr. 2 (2009) DE/AW
AW Huddersfield Contemporary Music Festival und MaerzMusik | Berliner Festspiele
Olga Neuwirth
in the realms of the unreal (2009) DE/AW
AW Cité de la Musique Paris, MaerzMusik | Berliner Festspiele, steirischer herbst – musikprotokoll, Casa da Música Porto
Hugues Dufourt
Streichquartett Nr. 2 Uneasiness (2010) DE/AW
Auftragswerk deSingel, Ernst von Siemens Musikstiftung und Ars Musica, mit Unterstützung der Kinder von Godelieve de Kerchove d’Exaerde im Andenken an ihre Mutter
Arditti Quartet
Irvine Arditti – Violine
Ashot Sarkissjan – Violine
Ralph Ehlers – Viola
Lucas Fels – Violoncello
Mit Unterstützung von Institut français d’Allemagne