Konzert | Eröffnung
Mit Luci mie traditrici, einem der beeindruckendsten Musiktheaterwerke des italienischen Komponisten Salvatore Sciarrino, eröffnet MaerzMusik 2010, das Festival für aktuelle Musik der Berliner Festspiele.
Die Oper Luci mie traditrici wurde unter dem Titel „Die tödliche Blume“ im Jahr 1998 in Schwetzingen uraufgeführt. Seither hat sie eine Reihe von weiteren Inszenierungen erlebt. Eine Neuinszenierung in der Regie und Ausstattung von Rebecca Horn präsentierten die Salzburger Festspiele im Jahr 2008. Diese einzigartige und äußerst erfolgreiche Inszenierung mit der Sopranistin Anna Radziejewska, dem Bariton Otto Katzameier, dem Countertenor Kai Wessel und dem Bariton Simon Jaunin, ist nun auch bei MaerzMusik zu erleben.
In den Funktionen Regie/Bühne/Kostüm ist der international bekannten Künstlerin Rebecca Horn, die sich nach dem bedauerlichen Tod des ursprünglichen Regisseurs der Produktion Klaus Michael Grüber kurzerhand entschloss, auch die Regie zu übernehmen, in ihrer ersten Operninszenierung eine höchst eindringliche szenische Umsetzung gelungen. In ihrer farblich schattenhaften Tönung entspricht die Bühne, in deren Hintergrund zwei große, speziell für diesen Zweck geschaffene Bildarbeiten per Video fast unmerklich verändert und ineinander überblendet werden, in wunderbarer Weise der lamentosen Homogenität des musikalischen Materials, mit dem Salvatore Sciarrino, verteilt auf die acht Szenen, die Unmöglichkeit der erfüllten Liebe klagend besingt. Liebe und Tod, Schönheit und Verfall sind in Luci mie traditrici unauflöslich miteinander verknüpft (Max Nyffeler). Die Stimmen der Sänger sind in subtilster Weise mit den feinen instrumentellen Linien des Orchesters verschmolzen, so dass sich im Verlauf des etwa 70minütigen Werkes so etwas wie eine immer spannungsvollere Zustandsbeschreibung der zur Katastrophe drängenden Liebe vollzieht.
Salvatore Sciarrino widmet sich in Luci mie traditrici dem historisch überlieferten Mord des Fürsten Carlo Gesualdo von Venosa an seiner ungetreuen Gattin und ihrem Liebhaber im Jahr 1590. Dieser „Ehrenmord“ des Fürsten Gesualdo, der als visionärer, fast experimenteller Komponist der Renaissance höchsten Rang in der Musikgeschichte einnimmt, ist Gegenstand des frei erzählten Theaterstücks „Il tradimento per l’onore“ von Giacinto Andrea Cicognini aus dem Jahr 1664, an dem sich Sciarrino orientierte.
In der Besetzung mit Schlagzeug, Bläsern und Streichern schafft Sciarrino ein klanglich raffiniertes Umfeld für die Stimmen der Protagonisten. Der gläsern durchsichtige Instrumentalklang dient den Vokalpartien als Hallraum und Aura. Die Leidenschaft der Liebenden und das Verbrechen, alles spielt sich in leisesten Tönen, in Flüstern, im Schatten und in der Aussparung ab und baut doch höchste Spannung auf, die sich schließlich im Stich des Dolches, wenngleich im vierfachen Pianissimo, entlädt.
Künstlergespräch So 21.3. 12.30 Uhr
Salvatore Sciarrino
Luci mie traditrici (Meine trügerischen Augen)
Oper in zwei Akten (1998)
Text von Salvatore Sciarrino nach „Il tradimento per l’onore“
von Giacinto Andrea Cicognini, 1664
mit einer Elegie von Claude Le Jeune, 1608
Anna Radziejewska (La Malaspina) Mezzosopran
Otto Katzameier (Il Malaspina) Bariton
Kai Wessel (L’Ospite) Kontratenor
Simon Jaunin (Il Servo) Tenor
Antonio Paucar (Herzlicht, Falkner, Seelenzerrer) Performer
Ein Falke
Klangforum Wien
Beat Furrer – Leitung
Rebecca Horn – Regie/Bühne/Kostüme
Andreas Fuchs – Licht
Dirk Schulz – Video
Kate de Marcken – Musikalische Assistenz/Korrepetition
Grégory Moulin – Korrepetition
Eine Produktion der Salzburger Festspiele 2008
MaerzMusik | Berliner Festspiele in Zusammenarbeit mit Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, gefördert aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds
Klangforum Wien wird gefördert von Erste Bank und Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten