Ausstellung

Vier gewinnt: Die Wette

Böhler & Orendt (Nürnberg), Claire Fontaine (Paris), Goldin+Senneby (Stockholm), Daniel Keller (Berlin)

Goldin+Senneby: „The Discreet Charm“ © Kirsten de Graaf

Goldin+Senneby: „The Discreet Charm“. Performance-Blick: Witte de With, Rotterdam, 2011 © Kirsten de Graaf

7. Juli bis 4. August 2013
Mi-Mo 12:00–19:00
Do 12:00–21:00
Eröffnung 6. Juli, 17:00–22:00

Das Phänomen der Wette findet sich in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen wieder – von postfordistischer Finanzspekulation, über Glücksspiele, Goethes Wette auf Gott, bis hin zum Buch Hiob: Man setzt seinen Einsatz auf den Ausgang der Ereignisse.

Mit „Vier gewinnt: Die Wette“ setzen die KW Institute for Contemporary Art die Untersuchung über Wette und Spekulation, die in Kooperation mit Foreign Affaires für das Performance-Wochenende „Die Wette“ angestoßen wurde, im Format der Ausstellung fort. Vier künstlerische Positionen verhandeln aus verschiedenen Perspektiven, was das Wetten heute bedeuten kann:

Mit dem installativen Performancezyklus „Mehrung“ bringen die Künstler Böhler & Orendt zwei zentrale Aspekte der Wette zusammen: Glaube und Spekulation. Wie bei der Pascal’schen Wette, bei der der Descartes’sche Zweifel an die Existenz Gottes durch die Wette auf Gott überbrückt wurde, setzen die Besucher dieser neuproduzierten Arbeit voll auf die Zukunft der Spekulation, auch wenn sie wissen, dass es genauso gut anders laufen könnte. Das Setting von „Mehrung #5“ erinnert an einen Kult, dessen Regeln und Riten nicht zu dechiffrieren sind. Das Objekt der Begierde, dem sich die Anhänger der Geheimgesellschaft verschrieben haben und dem sie – gleich einer religiösen Sekte – huldigen, ist eine Mehrungskurve. Die Visualisierung der Exponentialfunktion zeigt den steigenden Verlauf eines Wertes im Koordinatensystem als ein Abbild der Leistungsgesellschaft, in der die (Ver-)Mehrung von Kapital an oberster Stelle steht.

Claire Fontaine zeigt in ihrer Arbeit „Get Lost“ (2007) die Komplexität von zwischenmenschlichen Beziehungen im Kapitalismus auf. Mit Bezug auf Hamlets Ausspruch „I did love you once“ stellt sich dem Betrachter auf zwei Monitoren ein Überangebot attraktiver Paarungsoptionen dar: Die Bilder attraktiver Menschen flackern dem Betrachter in einem Überangebot entgegen, das die Idee von Liebe in einen Referenzrahmen mit Vorstellungen und Konzepten von Konsum und Überflussgesellschaft stellt. So entsteht das Gefühl, dass Liebe nicht nur kurzweilig und vergänglich ist, sondern dass im Neo-Liberalismus auch Liebe und Beziehungen den Regeln des Marktes folgen müssen.

Das schwedische Künstlerduo Goldin+Senneby untersucht das Phänomen der Wette vor dem Hintergrund kapitalistischer Finanzspekulation. In einer Gesellschaft, in der das Wetten sich größtenteils auf sinnentleertes Glücksspiel reduziert, stellt ihre Arbeit „The Discreet Charm“ (2011/2012) innerhalb der Ausstellung die ökonomischen Finanzstrategien als die wichtigsten Wetten unserer Zeit dar, die zwar die Existenz ganzer Staaten und gesellschaftlicher Systeme aufs Spiel setzen, letztendlich aber nur von einigen wenigen gespielt – und kontrolliert – werden.

Der amerikanische Künstler Daniel Keller stellt mit seinem neuen Arbeiten Mutmaßungen über die Arbeitswelt der Zukunft an. Keller verhandelt dabei utopische, wie auch dystopische Ideen zu zukünftigen Arbeitsstrukturen – beispielsweise von dem Autor Martin Ford – und übersetzt diese Auseinandersetzung in visuelle Objekte, etwa in dreidimensionale PVC-Schriftzüge die sinnfreie Jobbezeichnungen aus einer High-Tech-Zukunft zeigen, in der Arbeit und Jobs für die Menschen künstlich produziert werden müssen.

 

Ein gemeinsames Projekt von KW Institute for Contemporary Art und Berliner Festspiele / Foreign Affairs, gefördert durch die Kulturstiftungdes Bundes.