Tanz

Schwanensee

stellwerk junges theater
Weimar (Thüringen)

Schwanensee

Schwanensee © THEPICKS

„Schwanensee“ zur Musik von Pjotr Iljitsch Tschaikowski ist das berühmteste Ballett aller Zeiten. Kein Stück der Tanzgeschichte ist bekannter als die Legende um Odette und Odile, den grazilen weißen und den bösartigen schwarzen Schwan. Das Stück ist der Inbegriff einer klassischen Ballett-Tradition zwischen absoluter Disziplin und perfekter Schönheit. Unsere Version von „Schwanensee“ wirft einen kritischen Blick auf eben diese Bilderwelt, auf ihre Regeln, Ästhetik und Ausschlusskriterien.

Wie müssen wir eine sexistische Geschichte anders erzählen, in der verschiedene Frauen vorgeführt werden und ein Prinz sich zum Geburtstag eine von ihnen aussuchen darf? Warum reden die Figuren nicht einfach mal miteinander? Was ist überhaupt Tanz? Und ab wann ist man eigentlich ein*e gute*r Tänzer*in? Dieser „Schwanensee“ ist die Untersuchung eines Klassikers, der mit seiner Aufführungstradition irgendwo im 19. Jahrhundert stecken geblieben zu sein scheint. Eine tänzerische Abrechnung mit dem Mythos.

Das Ensemble von „Schwanensee“ besteht aus sechs Personen auf und ähnlich vielen hinter und neben der Bühne. Die Darsteller*innen sind zwischen 16 und 29 Jahre alt und bewegen sich zwischen Waldorfschule, Geschichtsstudium, Tischlerei-Praktikum und Vollzeitjob im Jugendamt durch die Städte Weimar, Jena und Erfurt. Einige von ihnen stehen schon seit Jahren im Rahmen verschiedener Tanz- und Theaterprojekte auf Bühnen, manche feierten mit „Schwanensee“ aber auch ihr Debüt als Tänzer*innen vor einem Publikum. Zum ersten Mal gemeinsam getanzt wurde zum Probenstart der Produktion im Herbst 2020 und von diesem Zeitpunkt an immer mit drei Regeln: 1. Es gibt keine falschen oder schlechten Bewegungen. 2. Keine Bewegung ist besser als die andere, wenn die Vielzahl von unterschiedlichen Ausführungen zum Prinzip wird. 3. Nichts hat den Anspruch, synchron zu sein, aber alle den Anspruch, ihr Bestes zu geben.

Von und mit
Lale Andrä, Melanie Heyne, Ronja Naujoks, Leonie Naujoks, Yara Planer, Silas Weih, Merle Zurawski

Till WiebelKünstlerische Leitung
Anna Lorber, Friederike FischerProduktionsassistenz

Till Wiebel, geboren 1994 in Ostfriesland, studierte Szenische Künste an der Universität Hildesheim und Regie an der Zürcher Hochschule der Künste. Schon während des Studiums arbeitete er als Regisseur und Autor. Seine künstlerischen Arbeiten waren u. a. beim Körber Studio Junge Regie, auf dem Bundestreffen der Jugendclubs und beim Theatertreffen der Jugend zu sehen. Mit der Spielzeit 20/21 geht er als Dramaturg und Theaterpädagoge ans Junge SchauSpielHaus in Hamburg.

Zur Auswahl für die Jury Silke Gerhardt

Wer kennt ihn nicht – den Ballettklassiker schlechthin! Und an diesen wagen sich tatsächlich sieben Jugendliche vom stellwerk junges theater, Weimar. Chapeau! Ein Stück über Tanz wollten sie machen, auch oder gerade weil sie wenig Erfahrungen auf diesem Gebiet hatten. Wie aber wird ein so oft inszeniertes Stück Tanzgeschichte neu, anders, mit den eigenen Bewegungsmöglichkeiten erzählt? In ihrem „Schwanensee“ können wir die Akteur*innen bei ihrer Auseinandersetzung mit dem klassischen Ballett begleiten. Dafür haben sie ein spannendes Inszenierungskonzept gefunden. Kein tänzerischer Bewegungsablauf innerhalb des Stücks ist durchchoreografiert. Jede Bewegung wird frei improvisiert oder live im Moment kopiert. Das erfordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Es ist zu spüren, dass stets genau hingeschaut wird. Es gibt nicht den Anspruch, perfekt synchron zu sein, aber alle haben den Anspruch, ihr Bestes zu geben. Klare Verabredungen schaffen einen Freiraum, in dem jede*r nach persönlichen Fähigkeiten agieren kann. Bilder entstehen neu, es bleibt spannend und frisch für Performer*innen und Publikum. Freuen wir uns auf ein weiteres Mal „Schwanensee“ – berührend, humorvoll und sehr anders!