Tanz

Dreieinander

Schw3rpunkt Kollektiv, Berlin

Drei Personen stehen verschlungen bei einander an einer weißen Wand. Die Person direkt an der Wandhält ihren linken Arm waagerecht an die Wand. Mit dem rechten Arm umfasst sie die Hüfte der zweiten Person und den Arm der dritten. Die Person in der Mitte steht mit dem linken Bein auf dem Boden, die dritte Person umfasst das Bein mit dem rechten Arm. Der Oberkörper der Person in der Mitte liegt über dem Rücken gebeugt der dritten Person

Das Schw3rpunkt Kollektiv mit Dreieinander © Marcus Fabian

„Dreieinander“ ist eine gemeinsame Improvisation, die Raum für Nähe und Gemeinschaft erschafft. Die drei Tänzer*innen haben eine Methode entwickelt, um sich frei miteinander zu bewegen und die Körper der anderen als Berührungspunkte und Informationsquelle zu nutzen. Dabei hinterfragen sie die häufige Annahme, dass Berührung immer eine sexuelle Absicht hat. In der körperlichen Verbundenheit beginnt zwischen den drei Tänzer*innen ein Spiel, in dem sie sich auf die Suche nach Individualität in einem Kollektivgefühl begeben.

Inszenierung in der Mediathek

Verfügbar vom 23. September 2024 bis 26. September 2025 in der Mediathekder Berliner Festspiele.

Wir tanzen seit Jahren gemeinsam in diversen Projekten und haben uns inzwischen als Schw3punkt Kollektiv Berlin zusammengefunden. Nach dem Schulabschluss standen wir alle an einem ähnlichen Punkt: viel Zeit, offen für neue Projekte, und die Erkenntnis, dass Tanz mehr ist als „nur“ ein Hobby. Im Rahmen einer Ausstellungseröffnung, die wir gemeinsam mit anderen jungen Menschen organisierten, zeigten wir erstmals als Trio eine Improvisation vor Publikum. Dabei reflektierten wir Körperkontakt im Alltag und im Tanz. Wir beobachteten, wie sensibel und stigmatisiert dieses Thema bei Gleichaltrigen wahrgenommen und Berührung immer mit sexueller Absicht in Verbindung gebracht wird.

Im Dezember 2023 intensivierten wir unsere Arbeit während einer Residenz im CORDILLERA – Raum für Körper und Utopien und präsentierten ein Work-in-Progress. Aus dieser Arbeit entstand unser Stück „Dreieinander“. Während unserer selbstgestalteten
proben erarbeiteten wir einen Werkzeugkasten bestehend aus Qualitäten, Regeln und Strukturen. Dieser ermöglicht es uns, die Körper der anderen als Berührungspunkte und Informationsquellen zu nutzen. Mit diesen Werkzeugen haben wir ein Fundament
kreiert, auf dem wir uns miteinander frei bewegen und neue Impulse in unser Stück aufnehmen können. Ein Stück, in dem wir durch Berührungen miteinander kommunizieren, die frei von sexuellen Absichten und Konnotationen sind.

Die Musik des Stückes „Dreieinander“ entsteht live aus einem Ensemble von Maschinen, die während der Performance mit den Tänzer*innen kommunizieren.

Jurykommentar von Klara Liebig und Silke Gerhardt

Drei junge Menschen lehnen an einer Wand, als würden sie dort schon ewig stehen. Drei Körper geben eine innere Ruhe in den Raum ab. Noomi, Johanna und Jasper schaffen es als Schw3rpunkt Kollektiv sich durch den Raum zu bewegen, wie Raupen, die aus einem Kokon schlüpfen, und dabei einfach zu sein.

„Dreieinander“ zeigt die sensible Auseinandersetzung mit Berührungen in einer Komfortzone. Miteinander zu tanzen, kann etwas Intimes sein, etwas Vertrautes und Persönliches, erzählen uns die drei Akteur*innen. Dieses Privileg wollen sie miteinander teilen und dem Publikum zeigen, was es bedeutet, drei Körper zu einem unzertrennlichen werden zu lassen. Seine Inspiration nahm das Kollektiv aus dem Prozess des Erwachsenwerdens, sich nach der Schulzeit entscheiden zu müssen und herauszufinden: Wer will oder soll ich sein?

Wenn sie zu dritt tanzen, spielen diese Fragen keine Rolle und das ist spürbar für
jede weitere Person im Raum. In „Dreieinander“ legen sich die Tänzer*innen in atmosphärische Musik, die dazu einlädt, diese einmalige Improvisation zu verfolgen. Ob als menschliches Knäuel oder verbunden durch einen einfachen Blick, das Kollektiv zeigt uns seine Unzertrennlichkeit durch Tanz. Respektvoll und innig nimmt „Dreieinander“ uns mit auf eine kleine tänzerische Reise.

Diese Reise berührt auch das eigene zuschauende Ich. Die Nähe zu den tanzenden Körpern, bei denen man manchmal kaum erkennen kann, welcher Arm, welches Bein zu wem gehört, lässt die Zuschauenden die Energie nahezu körperlich spüren. In manchen Momenten möchte man die Hand ausstrecken und in den Sog dieser Performance mit eintauchen.

Die Akteur*innen verbindet eine lange gemeinsame Tanzzeit, man spürt in jedem Moment ihre enge Verbundenheit, das bedingungslose Vertrauen untereinander. Die gegenseitigen Berührungen zeigen sich in einer wunderbaren Natürlichkeit und lassen Spielraum für eigene Assoziationen der Zuschauenden.

In ihrer Tanzbiografie haben sich die Mitglieder dieses eigenverantwortlich arbeitenden Kollektivs immer wieder auf eine Suche nach neuen Möglichkeiten körperlichen Ausdrucks begeben und ihre eigenen Grenzen erweitert. Die Kontaktimprovisation schuf dabei einen weiteren Baustein, der ihnen durch eine Art Werkzeugkasten Tools liefert und damit einen Rahmen für Improvisationen in dieser Performance setzte. So entsteht jedes Mal eine neue Konstellation von Körpern, die Lust macht dieses „Dreieinander“ mehrmals zu sehen und immer wieder Neues zu entdecken.

Von und mit

Noomi Aldinger Jasper Frank, Johanna Paul

Milan von KummerMusik