Konzert | Ives und die Folgen

O’Donnell / Goldstein / Bozzini Quartett / Studio Percussion graz /Janáček Philharmonie Ostrava

Zentraler musikalischer Bezugspunkt des Schwerpunkts Ives & Consequences sind vier Werke Ives’:
die 4. Sinfonie mit ihrem utopischen auf die Universe Symphony verweisenden Potential; die Concord-Sonate, die durch ihre Programmatik, ihre stilistische und formale Offenheit und nicht zuletzt wegen des geforderten pianistischen Könnens als Solitär aus der Klavierliteratur des 20. Jahrhunderts ragt;
das 2. Streichquartett, das die ästhetische Konzeption der Gattung, die Besonderheit und Kunstfertigkeit des vierstimmigen Streichersatzes in dem Bild vom Gespräch zwischen Gleichgesinnten symbolisiert , beeinflusst vom Transzendentalismus interpretiert; und zuletzt das Live Pulse Prelude für Perkussionsorchester (nach Skizzen der Universe Symphony).

Um diese Fixpunkte gruppieren sich zum überwiegenden Teil neu geschaffene Werke von Komponistinnen und Komponisten, die in der Tradition Ives stehen, die die Errungenschaften Ives’ in ihren Werken kommentieren, reflektieren und in ihrer Konsequenz weiterentwickeln.

A Contemporary Response to Charles Ives nennt die New Yorker Pianistin Heather O’Donnell ihr Klavierrecital, in dem sieben Kompositionen uraufgeführt werden.
Im 2. Streichquartett Ives spiegelt sich aus heutiger Sicht das 5. Streichquartett der amerikanischen Komponistin Gloria Coates. Ihre filigran und mikrotonal aufgefalteten Klangräume stehen dem rational durchdachten, in jedem einzelnen Satz auf eine Formel gebrachten Quartett Combinations von Tom Johnson gegenüber.

Mit Werken wie Pulse (1939) von Henry Cowell, Living Room Music (1940) von John Cage, Canticle Nr. 1 (1940) von Lou Harrison und Perkussionsmusik von dem hierzulande wenig bekannten William Russell wird ein Querschnitt der in Amerika der 30er und 40er Jahren entstandenen Schlagzeugmusik geboten. Diese Musiken demonstrieren eindrucksvoll wie das bis dahin bestehende Klangfarbenspektrum durch die Integration von Alltagsgegenständen und Entdeckung anderer Instrumente fremder Kulturen erweitert wurde und wie sich der Schlagzeugapparat aus seiner metrischen und akzentgebenden Funktion im traditionellen Orchester löst und durch Amalgamierung komplexer Rhythmen, nicht zuletzt aus den Bereichen der populären Musik ein neues typisches Genre ausbildet.
Vier Werke für drei Orchester greifen die Fäden wieder auf, die Ives mit der Erweiterung des Klangs ins Mikrotonale, seinem Stilpluralismus , dem Konzept der Gleichzeitigkeit verschiedener Ereignisse und der Ausnutzung des musikalischen wie akustischen Raumes gelegt hat.

Malcolm Goldstein steht mit seinen virtuosen strukturierten Improvisationen zwischen den einzelnen Veranstaltungsblöcken. Diese folgen nicht dem üblichen Schema, sondern stellen, ganz im Ives’schen Sinne, montageartig die unterschiedlichen Werke in eine kommunikative Aufführungssituation.

Programm

16:00 Uhr

Charles Ives
Streichquartett Nr. 2 (1907–1913)
UA der von Malcolm Goldstein neu edierten Fassung

Henry Cowell
Pulse
für Perkussion: 6 Spieler (1939)

Malcolm Goldstein
a sick eagle can you see
für Violine solo (2003) UA/AW

John Cage
Living Room Music
für Perkussions- und Sprecher-Quartett (1940)


17:30 Uhr

Charles Ives
Klaviersonate Nr. 2 „Concord, Mass. 1840 – 1860“ (1907/1915, rev. 1947)

Gloria Coates
Streichquartett Nr. 5 (1989)


19:00 Uhr

Lou Harrison
Canticle No.1
für 5 Perkussionisten (1940)

Petr Kotíc
Variations
für drei Orchester (2003/2004)
UA der revidierten Fassung

Olga Neuwirth
Locus ... doublure ... so/us
für drei Orchester (2003)
UA der vollständigen, neu instrumentierten Fassung

Tom Johnson
Combinations
für Streichquartett (2003) UA/AW


20:30 Uhr

William Russell
Four Dance Movements
für Klavier und drei Perkussionisten (1933, rev.1990) DE

Christian Wolff
Ordinary Matter (2000)
UA der Berliner Fassung für drei Orchester

Phill Niblock
Three Orchids
für drei Orchester (2003) UA
Partitur von Volker Straebel

Charles Ives
Live Pulse Prelude
für Perkussionsorchester (1911 – 1928)
aus Skizzen zur Universe Symphony eingerichtet von Larry Austin

Besetzung

Heather O’DonnellKlavier

Malcolm GoldsteinVioline

Bozzini Quartett

Studio Percussion graz und Gäste
Günter MeinhartLeitung

Janáček Philharmonie OstravaMusik für drei Orchester
Petr Kotík, Zsolt Nagy, Petr VronskýLeitung

In Zusammenarbeit mit Berliner Künstlerprogramm des DAAD, Ostrava Center for New Music, S.E.M. Ensemble, mit Unterstützung der Botschaft von Kanada, Canadian Council for the Arts, Conseil des arts et des lettres du Québec, Vertretung von Québec