Tanz
Bunt
Nachbarschaftszentrum Grünhufe – Kreisdiakonisches Werk Stralsund e. V.
„Game of Survival“, Ensemble Bunt - Nachbarschaftszentrum Grünhufe – Kreisdiakonisches Werk Stralsund e. V. © privat
„Game of Survival“ thematisiert die zerstörerischen Folgen von Neid. Das Ensemble Bunt, bestehend aus überwiegend ukrainischen Tänzerinnen, zeigt in seiner ersten Produktion, wie Klatsch und Tratsch als Auswüchse des Neids eine Gesellschaft prägen und wie das Überwinden dieses Gefühls zu einer neuen Qualität des Miteinanders führen kann. „Game of Survival“ ist ein Kampf gegen innere und äußere Bedingungen.
Wir sind das Ensemble Bunt und arbeiten seit einem Jahr zusammen. Während die eine von uns seit 15 Jahren tanzt, macht die andere gerade ihre ersten (Tanz)Schritte. Trotzdem schaffen wir es, etwas zusammen zu kreieren und ein gemeinsames Ziel zu verfolgen: die Entwicklung unseres Tanzes.
Die meisten in unserem Team sind Ukrainer*innen, deshalb ist der Name unseres Ensembles ein Wortspiel aus zwei Sprachen. Das deutsche Wort „Bunt“ klingt wie das ukrainische Wort „Бунт“ und dies bedeutet auf Deutsch „der Aufstand“. Mit unserer Produktion wollen wir euch die Folgen von unkontrolliertem Neid vor Augen führen. Wahrscheinlich seid ihr in eurem Leben schon einmal mit Klatsch und Tratsch konfrontiert worden. Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, dass Neid der Auslöser dafür sein könnte? Kann man sagen, dass ein neidischer Mensch innerlich stirbt? Kann man sagen, dass Klatsch und Tratsch eine Form der Täuschung sind? Beim Klatsch sieht jede*r nur Schwarz oder Wei. und niemand schaut auf die Graut.ne. Was w.re, wenn Menschen, die ihren Neid überwunden haben, unsere Gesellschaft zum Besseren verändern können? Klatsch und Tratsch sind das „Game of Survival“ der Gesellschaft. Der Kampf gegen unser eigenes Gefühl von Neid ist das „Game of Survival“ in uns selbst.
Jurykommentar von Modjgan Hashemian
Inmitten einer Plattensiedlung in Stralsund, in den Räumen einer Kirche, treffe ich auf eine Gruppe junger Tänzerinnen. Diese jungen Frauen, die seit dem Krieg in der Ukraine hier leben, haben ein gemeinsames Thema gefunden: Neid und Klatsch. Fragen wie „Was ist, wenn Menschen über mich sprechen?“, „Wie beeinflussen mich die Stimmen von außen?“ und „Wie reagiert mein Körper auf negative Energie?“ treiben sie um. Diese Fragen waren der Anstoß für ihr Tanzstück „Game of Survival“. Der Titel mag nichts mit dem Krieg zu tun haben, doch gleichzeitig ist dessen Präsenz unterschwellig und allgegenwärtig zu spüren.
Einmal die Woche trainieren und choreografieren sie gemeinsam – drinnen, wenn
sie einen Raum bekommen, ansonsten im Freien, bei jedem Wetter. Viele der Tänzerinnen tanzen schon seit ihrer Kindheit, einige kennen sich aus einer Tanzgruppe in der Ukraine. In ihren Bewegungen spürt man eine große Wut und Dringlichkeit, fernab von brillierender Technik. Ihre Augen sprechen laut und deutlich. Diese Choreografie ist die erste, die sie ohne eine Tanzlehrerin erarbeitet haben.
Der kollektive Prozess ist kompliziert, aber dennoch besser, als von einer Person kommandiert zu werden, erzählte mir die Gruppe in unserem Gespräch. Sie emanzipieren sich und bestimmen selbst, wie sie ihre Geschichten über Neid und Klatsch erzählen wollen – Themen, die junge Menschen besonders auf Social Media beschäftigen. In Deutschland ist Technik und Disziplin im Tanz an den Rand gerückt, weil sie oft missbraucht wurden. Doch was uns diese jungen Tänzerinnen vorleben, sollte eine Inspiration sein, diese nicht zu verpönen, sondern sie auf humane Weise zu praktizieren und den Spaß an präziser Tanztechnik wieder zu beleben.
Auf den Frieden und den Tanz, der jenseits aller Grenzen immer wieder zeigt, dass wir ohne ihn nicht überleben könnten!
Vitalina Borovskaia, Elina Doludarieva, Nicole Gelvik, Kristina Horzha, Marharyta Kryva, Marharyta Kyrychenko, Oleksandra Nehodina, Kira Nepomniashcha, Kateryna Nosonenko, Ella Ogannisian, Lilit Ohanisian, Mariana Orlova, Polina Rudenko, Olena Semashko, Anastasia Stetsenko, Yuliia Vanda, Yuliia Vladymyrova
Elina Doludarieva – Konzeption und Spielleitung