Tanz

Reflection

Junge Choreograf*innen Bad Honnef tanzt e. V., Bad Honnef

Junge Choreograf*innen Bad Honnef tanzt e. V., Bad Honnef mit "Reflection"

„Reflection“, Junge Choreograf*innen Bad Honnef tanzt e. V., Bad Honnef © Sabine Große-Wortmann

Ein energiegeladenes Kurzstück, getanzt auf und um eine Spiegelfläche, ein Spiel mit Licht und Schatten und eine choreografische Auseinandersetzung mit Spiegeln, dem Sich-Spiegeln und der Selbstreflexion. Das Stück, entwickelt in Eigenregie vom damals 12-jährigen Otto Emil Koch, zeigt die unterschiedlichen Bewegungsstile der fünf jungen Tänzer*innen und betont dabei ihre Vielfalt.

Verfügbar vom 23. September 2024 bis 26. September 2025 in der Mediathekder Berliner Festspiele

Die Jungen Choreograf*innen von Bad Honnef tanzt sind 16 Tanzbegeisterte im Alter von 6 bis 20 Jahren, die eigenverantwortlich kreativ zusammenarbeiten und gezielt Workshops für die eigene Stückentwicklung erhalten. Sie übernehmen nicht nur die Regie, sondern üben sich auch in Leitungstätigkeiten, kooperieren mit Musiker*innen, Bühnen-, Kostüm- oder Videokünstler*innen. Jährlich zeigen sie eine Gala mit eigenen Stücken von Solis über Duette, Kleingruppenstücke oder Choreografien mit allen Teilnehmenden und besuchen anschließend diverse Festivals und Austauschformate. Das Alter und der Tanzstil sind dabei offen.

Die Gruppe hat sich bei den Jungen Choreograf*innen kennengelernt, kurz nachdem Andrej aus der Ukraine, Deng aus dem Sudan und Renata aus Mexiko nach Bad Honnef gezogen sind. Als sie das Stück entwickelt haben, konnten sie alle nur englisch miteinander reden. Das Stück feierte 2023 im Festival ResiDANCE in Bad Honnef Premiere und wurde anschließend zu Dynamo – Junge Tanzplattform NRW auf PACT Zollverein eingeladen.

Jurykommentar von Sonia Franken und  Raphael Moussa Hillebrand

Bad Honnef liegt in Nordrhein-Westfalen, nahe zur Grenze von Rheinland-Pfalz. Hier
und im Umland hat sich seit 2012 unter der Leitung von Anna-Lu Masch das Projekt Bad
Honnef tanzt entwickelt und fest etabliert. Im Rahmen von Die jungen Choreograf*innen choreografieren die jungen Künstler*innen als Gruppe oder in diversen Kleingruppen eigenständig. Entstanden ist inzwischen ein breites Repertoire mit unterschiedlichen Besetzungen und jungen choreografischen Leitungen. Vom Solo bis zum Gruppenstück erstreckt sich eine vielseitige Bandbreite.

Die Sichtung führte uns in ein idyllisches Städtchen am Rhein. Vorbei an alten
Häuschen, etwas raus in ein ehemaliges Freibad. Jetzt sind dort Container als Unterkünfte aufgebaut, ein Skatepark und aktuell auch eine Interimsbühne eingerichtet. Ziemlich unerwartet in diesem Kontext. Mit schwarzem Mollton wurde die ehemalige Umkleide rundum verhängt und hat sich so in einen tiefschwarzen Proben- und Theaterraum verwandelt. Eine ideale Voraussetzung für ein Tanzstück, das sich Spiegel und Reflexionen als Ausgangspunkt gewählt hat.

Eine treibende Kraft der Choreografie ist die Musik der brasilianischen Jazzband Metá Metá (Yoruba für „Drei in Einem“). Die Fusion von Jazz, Rock Samba und Candomblé spiegelt die dynamische Energie der Tänzer*innen wider, die mit festen und freien Formen spielen, mal individuell und mal als Gruppe agieren. Im Text geht es um Hunger und Durst, den Mund, der die ganze Welt in sich verschlingt und dem Bauch als Epizentrum. Auch wenn Text und Übersetzung von der Gruppe zu Beginn erst recherchiert werden musste, sofort war klar, dass dieses Musikstück dem Aufbau und Ausdruck von „Reflection“ zugrunde liegen.

In der Geschichte des Tanztreffen der Jugend ist der Choreograf von „Reflection“ Otto Emil Koch mit zwölf Jahren einer der jüngsten Choreograf*innen in der Auswahl. Im Nachgespräch mit der Gruppe wird deutlich, was choreografisch leiten bei Bad Honnef tanzt bedeutet: Nämlich frei von Geniekult, in unterschiedlichen Rollen, gemeinsam als Gruppe zu arbeiten. Wissend, dass es die kollektive Kraft von allen Beteiligten ist, die für die finale Umsetzung auf der Bühne benötigt wird. Die Teilnehmenden betonen im Gespräch, dass „vor allem einfach gemacht wird“. Unabhängig von einer zu vermittelten Message. Vertrauend darauf, dass es sich im Ausprobieren, Hingeben und Machen zeigen wird.

Bad Honnef tanzt zeigt, wie viel Eigenverantwortung junge Menschen im kreativen Schaffen tragen können. Es ist beispielhaft wie der Choreograf seine künstlerischen Ideen mit der Gruppe geteilt hat. Von der Idee bis zur Aufführung ist es eine lange Reise, die diese Gruppe großartig gemeistert hat. Die Jury ist nachhaltig beeindruckt davon zu sehen, wie der Tanz eine Gruppe zusammenbringt, die sich trotz ihrer Unterschiedlichkeit auf ihre Gemeinsamkeiten konzentriert.

„Reflection“ strahlt von innen heraus.

Mit

Renata Flores, Héloïse Gilhofer, Otto Emil Koch, Deng Lual, Andrej Navruzov, Linn Kückenthal (Cover)

Otto Emil KochChoreografie
Anna-Lu MaschProjektleitung