Ausstellung
Als einzige Stadt der Welt erstreckt sich Istanbul über zwei Kontinente und verbindet damit auch Orient und Okzident. Die kulturellen Wechselbeziehungen dieser beiden Weltregionen, wie sie sich in der Stadt Istanbul und ihrem Austausch mit den Städten Europas manifestiert, waren wichtige Aspekte der umfangreichen Ausstellung. Diese vertrat dabei jedoch nicht die ästhetische Perspektive des flanierenden Künstler-Touristen, der Istanbul neugierig durchstreift, sondern vielmehr die Auseinandersetzung mit der Stadt, der Megalopolis, als einem Fallbeispiel für globale Prozesse.
Wir wissen, dass Europa mehr ist, als das, was war. Europa kann das sein, was Europäer im tätigen Verständigungsprozess zu gestalten versuchen. Dass dies ein schwieriger, ein komplexer Prozess mit vielerlei Facetten ist, zeigt sich einmal mehr an der aktuellen Diskussion um eine gemeinsame Verfassung. So sollte es ein wichtiger Beitrag zur öffentlichen Diskussion sein, darzustellen, welche Rolle die Stadt Istanbul in diesen Wechselbeziehungen in ihrer Geschichte eingenommen hat, welcher Reflex in Kunst und Kultur heute nachvollziehbar ist. Dass Berlin und Istanbul außerdem durch eine Städtepartnerschaft verbunden sind, wird noch zu häufig übersehen oder augenscheinlich gering geschätzt.
„URBANE REALITÄTEN: Fokus Istanbul“ war daher keine Ausstellung zur Dokumentation oder Illustration regionaler Entwicklungen von und mit Künstlern einer bestimmten Region, noch eine Ausstellung zur Vorstellung türkischer Gegenwartskunst, sondern eine klassische Themen-Ausstellung. Angestrebt wurde ein Blickwechsel, das Sichkreuzen der Blicke von außen auf die Stadt mit denen aus der Stadt selbst. Angesichts des Problems des „mental mapping“ wollte sie nicht nur Befunde beschreiben, sondern auch Absichten und Entwürfe reflektieren, die je nach Standort wechseln. Zur Ausstellung wurden Künstler und Künstlerinnen verschiedenster Herkunft und Nationalität eingeladen – darunter selbstverständlich auch Künstler aus Istanbul –, die ein Interesse daran haben, in ihren Kunstwerken auf die Diversität und Heterogenität von Kulturen, Religionen, Sprachen und Ethnien in einer Megastadt wie Istanbul Bezug zu nehmen. Dabei sollte vordergründigen Exotismen und Orientalismen kein Raum gegeben, wohl aber die kritische künstlerische Auseinandersetzung mit solcherlei Klischees ermöglicht werden.
Grundsätzlich verstand sich die Ausstellung als ein Transmissionsinstrument zur Orientierung internationaler Künstler und einer breiten kunstinteressierten Öffentlichkeit auf die beeindruckenden, mitunter komplizierten Veränderungen, die Istanbul und die Türkei im gegenwärtigen Wandlungsprozess kennzeichnen. Im gesamten Erdgeschoss und im Lichthof des Berliner Martin-Gropius-Baus wurden Werke von circa 60 zeitgenössischen Künstlern und Künstlerinnen aus den Bereichen Malerei, Skulptur, Installation, Fotografie, Video, Sound Art und Film präsentiert. Mehr als zwei Drittel der gezeigten Arbeiten wurden von den Künstlern speziell im Hinblick auf die Thematik der Ausstellung konzipiert und umgesetzt. Ab März 2006 wurde die Ausstellung in der Kunsthalle Budapest gezeigt.
Veranstalter: Künstlerhaus Bethanien GmbH.
Ermöglicht durch den Hauptstadtkulturfonds.
Mit Unterstützung der Istanbul Foundation.
Schirmherrschaft: José Manuel Barroso, Präsident der Europäischen Kommission, Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin
Kurator: Christoph Tannert, Berlin