Der Zwang zur Anwesenheit in der Gegenwartskunst
Im Juli ergingen an ausgesuchte Vertreter der New Yorker Kunstwelt Einladungen zu einem Event mit Jay-Z in der Pace Gallery. Die Kunst war aus dem White Cube geräumt, an die Stelle des Werks trat der Star, der sechs Stunden lang auf einem weißen Podest seinen Song „Picasso Baby“ rappte, von Kameras umspielt. Wer als Zuschauer gekommen war, fand sich gekidnappt als Statist im Dreh von Jay-Zs nächstem Musikvideo. Im registrierenden Auge der Kamera konnte man nur mitspielen oder gehen. Es ging keiner.
Markiert Jay-Zs „Performance“, in der Künstler wie Lawrence Weiner und Marina Abramović zu bloßem Bildmaterial wurden, eine Wende? Bildet Kunst in Zukunft nur noch den Rohstoff für die Schaffung von Ereignissen im Auftrag der Markenpflege? Welche Ein- und Ausschlussmechanismen bilden sich aus?
Besprochen werden unter anderem Doug Aitkens „Station to Station“ (2013) und Renzo Martens Gentrifzierungsprojekt im Kongo („Institute for Human Activities“, seit 2012).
Sind die Exotenausstellungen des 19. Jahrhunderts das Modell für die heutige Aufmerksamkeitsökonomie? In der man/frau nur die Wahl hat, mitzuspielen oder stumm zu bleiben, weil die Regeln nicht mehr zur Verhandlung stehen und die Rollen schon geschrieben sind?
„Painting Forever“: Wenn nur die gehört werden, die im Spiel sind, welche Möglichkeit bleibt dann noch für Kritik und neue Ansätze?
Kolja Reichert ist freier Kunstkritiker (Welt am Sonntag, Der Tagesspiegel, frieze d/e u.a.)
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Veranstalter Bildungswerk des bbk Berlin GmbH (berufsverband bildender künstler e.V.)