Veranstaltung | Daniel Boyd: RAINBOW SERPENT (VERSION)

Mangrove Sunset

Asad Raza

Mit Rund Alarabi, Sophie Bourel, Daniel Boyd, Manthia Diawara, Rhea Dillon, Vienna Gist, Olga Hohmann, Lama El Khatib, Prem Krishnamurthy, Şehnaz Layıkel Prange, Djon Mundine OAM FAHA, Hans Ulrich Obrist, Anna von Raison und Sylvie Séma Glissant

Daniel Boyd, Ohne Titel, 2016

Daniel Boyd, Ohne Titel, 2016 Courtesy: Fondation Boghossian, Foto: Lola Pertsowsky

Mangrove Sunset ist eine sechsstündige Dramaturgie aus Klang, Sprache und schwindendem Licht. An diesem Abend wird die Beleuchtung des Lichthofs des Gropius Bau bis Mitternacht fast vollständig ausgeschaltet bleiben. Aufnahmen von Musik und gesprochenem Text sowie Live-Beiträge von Mitwirkenden werden nebeneinander treten und einen Wald aus Klängen erzeugen. Inspiriert ist die Veranstaltung von dem Dichter und Philosophen Édouard Glissant, dessen Schaffen einen gemeinsamen Bezugspunkt für Raza und Boyd bildet. Die poetischen Beiträge werden in verschiedenen Sprachen ohne Übersetzung zu hören sein, ganz im Sinne von Glissants Glauben an die Musikalität der Sprache.

Ohne künstliche Beleuchtung werden die umliegenden Straßen, Gebäude und der Himmel über Berlin in den Fokus rücken und den Gropius Bau mit seiner Umgebung in Beziehung setzen. Das Licht wird gesprenkelt durch die von Daniel Boyd gestalteten Fenster im ersten Stock fallen. Um 20:29 Uhr geht offiziell die Sonne unter und das Licht wird sich rosa, gelb, orange, rot und schließlich sattblau färben. Schließlich wird der Raum nur noch von dem Licht erhellt, das von draußen, von Autos, Straßenlaternen und den Lichtern der Stadt hereinfällt. Wenn sich die Augen daran gewöhnt haben, wird man sich sicher bewegen können, aber die Formen und Umrisse bleiben vage – wie in einer Mangrove, wo die Unterschiede zwischen Land, Wasser, Ufer, Fluss, Pflanze, Boden, Wurzeln und Bäumen schwer zu erkennen sind, da alles in einem Geflecht miteinander verwoben ist.

Mangrove Sunset ist die Fortsetzung einer kontinuierlichen Zusammenarbeit zwischen Asad Raza und Daniel Boyd. Gleichzeitig ist Mangrove Sunset auch die Weiterführung einer Reihe von Projekten, die von Édouard Glissant inspiriert sind und die Raza 2016 mit der Ausstellung Mondialité begonnen hat. Mondialité wurde von Raza und Hans Ulrich Obrist ko-kuratiert und von Ranjana Leyendecker dramaturgisch betreut; zu sehen waren darin Werke von Daniel Boyd zusammen mit dem Film One World In Relation von Manthia Diawara. Boyd war außerdem Teil von Razas und Obrists Ausstellungen Where Oceans Meet (2019) im Museum of Art and Design, Miami und This language which is every stone (2022) im Institute of Modern Art, Brisbane, die ebenfalls von Glissant inspiriert waren. Im Jahr 2019 waren Boyds Arbeiten im Rahmen von Razas Arbeit Absorption (2019) in Sydney zu sehen.

Rund Alarabi ist eine Künstlerin und Forscherin. Mithilfe verschiedener Medien wie Video, Bildern und Text fragt sie nach Vorstellungen und dem, was bald sein wird. Indem sie die Bedeutung des kollektiven Gedächtnisses erforscht und sich mit gemeinsamen sprachlichen Tendenzen, geteilten Erfahrungen und umstrittenen Gefühlsräumen auseinandersetzt, untersucht sie die Art und Weise, wie sich Strukturen aus solchen räumlichen und sprachlichen Gewohnheiten entwickeln. Ihre Forschung, ihre Arbeit und ihre Interessen konzentrieren sich auf Sprache und bildliche Interpretationen, wie sie sich überschneiden und wie solche Überschneidungen uns beeinflussen, wenn wir aus beidem eine Bedeutung ableitet.

Sophie Bourel ist Schauspielerin im Theater, Kino und Radio. Sie macht experimentelle Filme und Performances, in denen sie Archivdokumente und zeitgenössische Fiktion gegenüberstellt. Ein weiterer Aspekt ihrer Forschung betrifft die Poesie, die sie in Zusammenarbeit mit Etel Adnan im FIAC Grand Palais oder im Centre Pompidou Metz vertont oder auf die Bühne bringt. Sie hat mit Édouard Glissant zusammengearbeitet, der für sie eine Montage seines dramatischen Gedichts Les Indes geschaffen hat. Gerade hat sie für das Europäische Parlament ein Epos über den Aufbau des Europas der Frauen geschaffen und bereitet eine Performance über Suzanne Lenglen vor. Weitere Informationen auf http://www.laminutieuse.fr

Daniel Boyd lebt und arbeitet auf Gadigal und Wangal Country, Sydney. Er hat an bedeutenden Biennalen und Ausstellungen teilgenommen, darunter das Dhaka Art Summit (2023), das Okayama Art Summit (2022), die Kathmandu Triennale (2022), Mondialité in der Boghossian Foundation, Villa Empain, Brüssel (2017), National Indigenous Art Triennial, Canberra (2017), 20. Biennale von Sydney (2016), 56. Venedig Biennale (2015) und die Kochi-Muziris Biennale (2014). Im Jahr 2022 präsentierte die Art Gallery of New South Wales in Sydney eine große Überblicksausstellung von Boyds Werk. RAINBOW SERPENT (VERSION) ist die bisher umfassendste Ausstellung des Künstlers in Europa.

Manthia Diawara ist Professor für Komparatistik und Film an der New York University und ein Schriftsteller und Filmemacher. Seine Essays über Kunst, Kino und Politik sind im New York Times Magazine, der LA Times, Libération, Mediapart und Artforum erschienen. Er ist Autor zweier vielgepriesener Memoiren: In Search of Africa (Harvard University Press, 2000) und We Won’t Budge: Ein Afrikaner in der Welt (Basic Books, 2008). Zu den jüngsten Filmen von Diawara gehören: Angela Davis: A World of Greater Freedom (2023), AI: African Intelligence (2022), An Opera of the World (2017), Édouard Glissant, One World in Relation (2010).

Rhea Dillon ist eine in London lebende Künstlerin und Dichterin. Ihre erste institutionelle Einzelausstellung wird im Juni 2023 in der Tate Britain in London eröffnet. Zu ihren jüngsten Ausstellungen gehören We looked for eyes creased with concern, but saw only veils bei Sweetwater, Berlin (2023); The Sombre Majesty (or, on being the pronounced dead) bei Soft Opening, London (2022) und Love bei Bold Tendencies, London (2022). Sie präsentierte Catgut – The Opera im Rahmen der Park Nights 2021 im Serpentine Pavilion und wird demnächst ein Buch bei Worms veröffentlichen.

Vienna Gist wurde in der Bay Area in Kalifornien geboren und lebt derzeit in Berlin. Ihre Arbeiten erforschen Geist, Körper und Seele durch Skulptur, Performance und Medien. Die Künstlerin machte ihren Abschluss am California Institute of the Arts, Valencia (2018) und absolvierte ein Austauschjahr an der Hochschule für bildende Künste, Hamburg (2018).

Olga Hohmann ist Schriftstellerin und Performerin und lebt in Berlin Kreuzberg. Im Jahr 2020 veröffentlichte sie ihr erstes Buch What I (don’t) remember. Im Jahr 2022 veröffentlichte sie ihr zweites Buch, The Overview Effect. Ihr neues Buch 10 Points for Passion wird im Herbst 2023 erscheinen.

Lama El Khatib lebt, arbeitet und studiert in Berlin. Sie ist ausgebildete Architektin und hat Kunstgeschichte und Philosophie an der American University of Beirut studiert. Derzeit macht sie einen M.A. in Philosophie an der Freien Universität Berlin. Seit 2018 arbeitet sie im Rahmen der The Whole Life Academy – einer experimentellen kollaborativen Initiative, die sich mit der Entwicklung von archivarischen Forschungsmethoden in Bezug auf zeitgenössische gesellschaftspolitische Dringlichkeiten beschäftigt – am Haus der Kulturen der Welt in Berlin.

Prem Krishnamurthy ist Designer, Autor und Pädagoge. In seiner vielseitigen Arbeit erforscht er die Rolle der Kunst als Mittel der Transformation auf individueller, kollektiver und struktureller Ebene. Dies manifestiert sich in Ausstellungen, Bildern, Performances, Publikationen, Systemen, Vorträgen, Texten und Workshops. Gegenwärtig organisiert er das Departmentof Transformation, eine Wanderwerkstatt, die kollaborative Werkzeuge für den sozialen Wandel praktiziert. Sein Briefessay OnLetters wurde 2022 in Buchform veröffentlicht.

Şehnaz Layıkel Prange ist Gropius Bau Friend. Die Gropius Bau Friends vermitteln die Ausstellungen individuell und sind an mehreren Tagen der Woche als Ansprechpartner*innen vor Ort im Gropius Bau.

Djon Mundine OAM FAHA ist stolzes Mitglied der Bandjalung von den Northern Rivers in New South Wales. Mundine ist Kurator, Schriftsteller, kultureller Berater, Künstler und Aktivist und wird als einer der Begründer*innen der Kritik und Ausstellung zeitgenössischer Kunst der Aborigines gefeiert. Er hatte zahlreiche leitende kuratorische Positionen in nationalen und internationalen Institutionen inne. Für seine Verdienste um die Förderung und Entwicklung der Kunst, des Handwerks und der Kultur der Aborigines wurde er 1993 mit der Medal of the Order of Australia ausgezeichnet. Im Jahr 2020 erhielt er den Red Ochre Award des Australia Council of the Art für sein Lebenswerk.

Hans Ulrich Obrist ist künstlerischer Leiter der Serpentine Galleries in London und Senior Advisor des LUMA Arles. Zuvor war er Kurator des Musée d'Art Moderne de la Ville de Paris. Seit seiner ersten Ausstellung World Soup (The Kitchen Show) im Jahr 1991 hat er mehr als 350 Ausstellungen kuratiert.

Anna von Raison ist Pianistin, Komponistin, Musikproduzentin und Vocalistin in Berlin. Sie studierte Jazz-Piano in Mannheim (HfM), Amsterdam (CvA) und New York (Prof. Jason Moran/MSM). Neben ihrer Arbeit als Studiopianistin komponiert sie Musik für Filme und tritt live mit ihrem Avantgarde-Pop Projekt AVR auf. 2022 arbeitete sie mit Asad Raza als Music Supervisor und Produzentin an der Performance Delegation für die FRONT Cleveland Triennial for Contemporary Art.

Asad Raza schafft Dialoge und verwirft disziplinäre Grenzen in seiner Arbeit, die Kunst als eine metabolische, aktive Erfahrung begreift. Mit Aktionen und Prozessen wie dem Herstellen von Erde, Tennis und Gartenbau schaffen seine Projekte Begegnungen innerhalb und außerhalb des Ausstellungsraums. Sie wurden von Institutionen wie dem Whitney Museum of American Art, New York, Kaldor Public Art Projects, Sydney, den Serpentine Galleries, London, der Kunsthalle Portikus, Urbane Kunst Ruhr, Essen, der Lahore Biennale und in seiner eigenen Einzimmerwohnung realisiert.

Sylvie Séma Glissant ist eine Künstlerin, deren Werke unter dem Namen Sylvie Séma ausgestellt werden. Gemeinsam mit Édouard Glissant hat sie das Buch La Terre magnétique. Les Errances de Rapa Nui, l'île de Pâques (Seuil, 2007) verfasst. Sie fungiert als Direktorin des Institut du Tout-monde seit der Gründung durch Édouard Glissant im Jahr 2006. Zusammen mit ihm organisierte sie den Prix Carbet de la Caraïbe sowie zahlreiche internationale Kolloquien. Das Institut du Tout-monde organisiert kulturelle und wissenschaftliche Veranstaltungen im Zusammenhang mit der Kunstsammlung des Musée du Tout-Monde. Zuletzt in Zusammenarbeit mit dem Édouard Glissant Art Fund in Martinique.

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