Une Ville à Chandigarh

Mittwoch 9. September 2009 | 18:30

Ort: Martin-Gropius-Bau, Kinosaal

Schweiz 1966

französisch mit deutschen Untertiteln

Eintritt frei

Ein Jahr nach dem Tod von Le Corbusier drehte Alain Tanner einen Film in der indischen Stadt Chandigarh, die der schweizer Architekt entworfen hatte.

Nachdem ein Teil der Provinz Pandschab 1947 dem neugeschaffenen Staat Pakistan zugeschlagen worden war, begann Albert Mayer mit der Planung einer neuen Hauptstadt für den bei Indien verbliebenen Teil. Ab 1950 war Le Corbusier für die Gesamtplanung und insbesondere für die repräsentativen Großbauten des Regierungsviertels verantwortlich. Ein Jahr nach dessen Tod drehte Alain Tanner seinen Film. Zu diesem Zeitpunkt war manches noch im Bau oder erst in Planung, doch lebten bereits 120.000 Einwohner in der neuen Metropole.

Architektonisch eine der modernsten Städte, wurde Chandigarh in archaischer Weise von Hand gebaut. Die Impressionen aus dieser horizontalen, durchgrünten Stadt – Backstein ließ eine vertikale Entwicklung nicht zu – sind in langen Einstellungen und manchen Travellings eingefangen. Der Kommentar von John Berger stellt die visuelle Schönheit der vorgefundenen Realität in größere Zusammenhänge: das Klima hat die Entscheidungen der Planer stark beeinflusst, während es umgekehrt die neue Stadt, so Berger, nicht geschafft habe, die alten sozialen Regeln über Nacht zu durchbrechen. Diese bestimmen weiterhin Schulbildung sowie Verdienstmöglichkeiten, und den Bauarbeitern ist es nicht möglich, in jenem Chandigarh, das sie aufbauen, selber zu wohnen.

Der Film teilt den Optimismus von Le Corbusier, etwa in der Einschätzung, die Architektur könne den Menschen helfen, ihre Vorstellungen zu klären, Unterscheidungen zu treffen und (neue) Verknüpfungen herzustellen. Auch wenn dies möglicherweise erst langfristig Auswirkungen haben kann.

Alain Tanner, geboren 1929 in Genf, wurde durch visionäre, einfühlsame Filme wie Jonas qui aura 25 ans en l’an 2000 (1976) oder Messidor (1979) bekannt.

Er realisierte zahlreiche Dokumentationen für das französischsprachige Fernsehen und wurde 1962 Mitbegründer der Schweizer Vereinigung der jungen Filmemacher Groupe Cinque. Sein erster großer Film Charles – tot oder lebendig (1969) gewann im selben Jahr den Ersten Preis bei den Internationalen Filmfestspielen von Locarno. 2002 wurde er in der Berlinale Retrospektive wieder gezeigt. Einige seiner Filme entstanden in enger Zusammenarbeit mit dem britischen Schriftsteller und Kunstkritiker John Berger.

Im Rahmen der Ausstellung
„Le Corbusier: Kunst und Architektur“