Videoinstallation
Theater Tempus fugit
Lörrach
(Baden-Württemberg)
Dieses Blicken III © Benjamin Böcker
Der Raum war weg. Wir hatten uns noch dreimal im Theater getroffen und dann war der Raum einfach weg. Und die einzige Möglichkeit, uns trotzdem zu begegnen, war ein Videokonferenz-Telefon-Gruppenchat-E-Mail-Mix. Je nachdem, wer was gerade so hatte, wer mit was gerade so umgehen konnte, wer gerade so über Internet verfügte und was sich gerade so miteinander kombinieren ließ. Das war ein bisschen anstrengend. Aber wir wollten uns trotzdem begegnen. Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern wirklich!
Und weil aus dem Raum plötzlich so ein Videokonferenz-Telefon-Gruppenchat-E-Mail-Mix wurde, haben wir nochmal ganz von vorne angefangen. So richtig von vorne. Nicht als leerer Raum. Und dann sind da alle erschienen. Aus Licht und Schatten, aus Stimmen, aus virtuellen Fragmenten unserer Körper, aus Fragen und aus Antworten auf diese Fragen. Und weil alle nur Projektionen aus Licht waren, konnten alle plötzlich fast überall sein. Und auch andere als die, von denen wir die meiste Zeit glauben, dass wir sie sind. Und so waren wir Ballerino, explodierendes Feuerwerk vor Disney-Schloss, Philosophin, Meditations-Guru, ahnungsloser Tourist vor ausbrechendem Geysir, Metal-Sänger oder Demonstrantin.
„Das Stück ist für mich wie eine digitale, persönliche Patchworkdecke. Jedes Quadrat ein Aspekt unserer Persönlichkeit, ein Wunsch oder eine Hoffnung. Sehr bunt und sehr froh. Man fühlt sich geborgen und akzeptiert, wenn man sie sich anschaut. Das Stück hat viel Leichtigkeit, trotz der Zeit, in der es entstanden ist.“
Marlen Weder
„Das Stück empfinde ich als wertvoll und großartig. Ich weiß nicht genau, wie man es als Außenstehende*r auf- bzw. wahrnimmt – beim Ansehen empfinde ich pures Glück und Freude, da es mich an die tolle Zusammenarbeit und Zeit erinnert! Es stecken viele Emotionen und viel Arbeit dahinter.“
Bella Wulf
„Bei ‚Dieses Blicken III‘ – der Film war ich wie ein Zeit-Geist, da hatte ich mich auf Zeit gesprungen, Seite auf andere Seite oder durch Wände schauen oder welche Raum bin ich gelandet?“
Martin Kilwing
„Wir sind zwar eine kleine, niedliche Gruppe, aber ganz schön laut! Es wurde sehr viel gelacht und wir haben uns gegenseitig unterstützt.“
Bella Wulf
„Es war schön, die verschiedenen Persönlichkeiten kennenzulernen und Gedanken zu teilen bzw. sich über verschiedenes auszutauschen. Wir sind uns zum Teil als Fremde begegnet, aber es hat sich gar nicht so angefühlt!“ Marlen Weder
Wir waren ein gutes Team und haben gut zusammengearbeitet.“
Martin Kilwing
„Ich glaube, unterschiedlicher hätte die Gruppe nicht sein können, was die Charaktere angeht.“
Marlen Weder
„Mit dieser Gruppe ist für mich ein Traum in Erfüllung gegangen.“
Michael Eisele
Mit
Michael Eisele, Edwin Engeser, Vincenzo Guida, Martin Kilwing, Antonia Rehfueß, Ana Sänger, David Strittmatter, Marlen Wederer, Bella Wulf
Benjamin Böcker – Projektleitung, Konzept
Antonia Rehfueß, Benjamin Böcker – Dramaturgie, Videobearbeitung, Schnitt
Anne Ehmke – Musik, Komposition
André Kulawik, Cornelius Pilgermayer – Technik
Hary de Ville – E-Gitarre
Veit de Ville – Schlagzeug
David Walters, Cord-Heinrich Plinke – Übersetzung
Benjamin Böcker absolvierte den Masterstudiengang Theaterpädagogik an der Universität der Künste Berlin und studiert aktuell im Weiterbildungsstudiengang Inklusive Veränderungsprozesse in Organisationen an der Evangelischen Hochschule Darmstadt. Nach einer dreijährigen Anstellung beim Theater Tempus fugit in Lörrach arbeitet er seit sechs Jahren als freiberuflicher Theatermacher, Theaterpädagoge, Dozent und Prozessbegleiter. Von 2019 bis 2021 leitete er das dreijährige Forschungsprojekt „Theater inklusiv“ am Theater Tempus fugit und begleitete das Team bei der Entwicklung inklusiver Strukturen. In diesem Rahmen entwickelte er mit verschiedenen Gruppen den Theatermehrteiler „Dieses Blicken“.
Zur Auswahl für die Jury Laura Völkel
Die 10 Spieler*innen des Theater Tempus fugit laden uns in „DIESES BLICKEN III“ zu einem sensiblen, ehrlichen und berührenden Theaterabend ein. Dabei gelingt es der Gruppe mittels inklusiver Strukturen die*den Zuschauer*in durch mehrere Ebenen der Digitalisierung hinweg nachhaltig zu erreichen. Collagenartig zeigen sie uns auf zwei Leinwänden bewegende Fragen des Alltags auf und geben Einblick in ihre privaten Gedanken.
In DIESES BLICKEN III geht es um eine theaterverbundene Gruppe aus unterschiedlichsten Kontexten. Wir lernen lustige, nachdenkliche und ausdrucksstarke Charaktere kennen, die uns mitnehmen in ihre eigene persönliche Welt. Wenn dein Körper dir alles erlauben würde, was würdest du tun? Warum ist dir Anerkennung wichtig? Wie fühlt es sich an, einsam zu sein? Warum weinst du nicht so oft? Was hast du aufgegeben? Fragen die sich die Spieler*innen stellen und bei welchen sie versuchen ihre individuellen Antworten für sich zu finden. Ob bei Metal singen oder Schlagzeug spielen, tanzen neben einer Ballerina zu Schwanensee oder der Wunsch nach Meditation. DIESES BLICKEN III schafft die Brücke zwischen Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit.
DIESES BLICKEN III zeigt einen beispielhaften Umgang mit neuen Theaterformen. Obwohl wir das Ensemble als eine Projektion erleben, so sind ihre Inhalte greifbar und begreifbar. Sie beweisen uns, dass Demokratisierung von Theater nicht nur ein Gedanke ist und lassen uns an ihrer Welt teilhaben. Auch unter neuen pandemischen Bedingungen kreiert die Gruppe einen theatralen Moment mit puren und durchlässigen Spieler*innen, die uns die Möglichkeit geben Parallelen zu erkennen, zu teilen und nachzuempfinden.
Vielen Dank liebes Ensemble des Theater Tempus Fugit!