Inszenierung

ERWIN OLAF RE:WORKS

Blickwechsel – Oberstufentheatergruppe / Ernst-Mach-Gymnasium, Haar

Dreizehn Schauspieler*innen in beiger und weißer Bekleidung vollziehen nebeneinanderstehend, eine Gehbewegung auf einer Bühne.

ERWIN OLAF RE:WORKS © Janina Kufner

Keine Handlung! Keine Dialoge! Kein Theater? Die Projektgruppe „Erwin Olaf“ vom Ernst-Mach-Gymnasium Haar lässt Kunstwerke „sprechen“ und bringt Fotografien live auf die Bühne.

Die Inszenierung in der Mediathek als Videoon Demand bis 30. Mai 2024

Es handelt sich bei dem Stück „ERWIN OLAF RE:WORKS“ um eine Art erweiterte Ausstellung. Anhand ausgewählter Arbeiten des niederländischen Foto- und Videokünstlers Erwin Olaf entsteht eine assoziative Abfolge von szenischen Miniaturen, in denen Reaktionen auf die Bilder reizvolle Resonanzräume eröffnen, die zu eigenen Gedankenspielen anregen und ein wenig verzaubern.

Jurykommentar von Ilias Botseas

Der Kern der Inszenierung „ERWIN OLAF RE:WORKS“ der Oberschulgruppe des Ernst-Mach-Gymnasiums Haar steckt schon in ihrem Titel: Zu sehen sind Erwin Olafs Foto- und Videokunst, seine Werke (WORKS), die groß auf die Bühne projiziert werden. Zu sehen sind die Spieler*innen, die sich auf der Bühne dazu verhalten, also die „REWORKS“ von Olafs Kunst – mögliche Übersetzungen ins Deutsche hierfür sind „Überarbeitung“, „Aufbereitung“, „Neuformulierung“. Doch sind diese beiden Ebenen nicht separate, voneinander unabhängig existierende Welten. Hier wird keine Ausstellung besucht und eine anschließende Lesung gehalten. Die Kunstanalyse erfolgt im schrägen Winkel, in den Köpfen der Zuschauer*innen, sie entsteht und ereignet sich im Doppelpunkt der „RE:WORKS“ – im großen „Zwischen“ der projizierten Kunstwerke und der Überarbeitung durch die Spieler*innen.

Das Beamer-Licht fällt auf ihre Körper, die durch die weiße Kleidung selbst zur Projektionsfläche werden. Sie werden Teil der Kunstwerke, doppeln sie, reiben sich an ihnen, ergänzen sie, kontrastieren sie, kommentieren sie. Unter Einbezug der aus Holz geformten Bühnenelemente, die ausgewählte Objekte Olafs Kunst ins Dreidimensionale abstrahieren, schaffen sie im Spiel gekonnt einen körperlichen Zugang. Über ebendiesen sinnlichen Zugang spannen sie dem Publikum Möglichkeitsräume für Interpretationen auf, machen die statischen, polierten Bilder greifbar. Geschickt setzen sie Schwerpunkte, hinterlassen aber stets eine Lücke. Sie machen einen Verweis, sind der Doppelpunkt zum Geschehen in den Kunstwerken. Wie mit einem Skalpell sezieren die Spieler*innen vorhandene Bedeutungskontexte und legen ihre Sinnesbezüge frei, machen sie mit bloßem Auge sichtbar. Sie bauen Rampen und Treppen, auf denen die Zuschauer*innen sich auf einen Weg begeben können, in den Bildern neue Aspekte zu suchen, sie genauer zu betrachten und Erkenntnisse zu gewinnen.

„Es bleibt also Ihnen überlassen, die Leerstellen zu füllen.“ spricht ein*e Spieler*in gleich zu Beginn der Inszenierung in ein Mikrofon und fordert damit die Zuschauenden indirekt auf, sich auf ihren bequemen Sitzen des Theatersaals nach vorn zu lehnen und ihre passive Rolle zu verlassen. Denn wer sich darauf einlässt, wer die Angebote wahrnimmt, findet womöglich sich selbst wieder. Schließlich sind es unsere Gedanken, unsere Zugriffe und unsere Weltbilder, die die Leerstellen zu füllen vermögen. In genau diesen Leerstellen wird das Theater zu einem kreativen Ort, an dem Sinn erst im Ereignis zwischen Zuschauer*innen und Bühne entsteht.

An diesem ästhetisch mitreißenden Theaterabend reicht uns das Ensemble die Hand und führt uns mit viel Humor, abstraktem Spiel und präzisen Bewegungen zwischen den Lichtstrahlen der Projektion durch eine Galerie der Neuentdeckungen. Sie laden uns ein, die Brücke zu begehen, die sie gebaut haben. Zwischen Bühne und Publikum, zwischen Foto und Theater, zwischen Bedeutung und Bedeutungsfindung – irgendwo im Doppelpunkt.

Mit

Estella Antinori, Katja Charushnikova, Sophie Dehelean, Miriam Duppel-Valenzuela, Luisa Eschertzhuber, Laura Jobst, Marlene Kaufmann, Lisa Kienbacher, Moritz Kovacs-Hintz, Tomma Lüthje, Ann-Julika Melms, Olivia Plankensteiner, Janik Riehm, Julia Riehm, Ben Schlemper, Eva Schlick, Marisa Schröder, Maxi Strobel, Bella Tefera, Grete Weichert, Ratka Zdenek

Thomas RitterSpielleitung
Lara FrischAssistenz
Timon GrüschowFotobearbeitung
Florian HochmuthLive-DJ
Timmi TenterProjektionen und Bespielung der Monitore
Jarden BöckmannTon
Joseph HelfrichLicht