Konzert
Pat Thomas, Fire! Orchestra, Amalie Dahl’s Dafnie EXTENDED © Dawid Laskowski, Sascha Kajic, privat
Am letzten Festivaltag präsentiert die Saxofonistin Amalie Dahl eine erweiterte Version ihres Quintetts Dafnie. Das Moabit Imaginarium gibt anschließend einen Einblick in die musikalischen Experimente, die das Ensemble aus zehn Moabiter Musiker*innen in der Festivalwoche erarbeitet hat, und der Pianist Pat Thomas integriert karibische Rhythmik und die Ideen eines Karlheinz Stockhausen in die freie Improvisation. In einem spektakulären Finale erweckt das Fire! Orchestra die Suite „Words“ mit poppigen Melodien und wilden Free-Jazz-Einsätzen zum Leben.
18:30
(AR, DK, NO, SE)
Deutschlandpremiere
Die in Norwegen ansässige, dänische Saxofonistin Amalie Dahl ist seit einigen Jahren eine der zentralen Figuren der skandinavischen Jazz-Szene. Dabei repräsentiert kein anderes Projekt ihren Aufstieg so sehr wie Dafnie. Auf den beiden Alben des wagemutigen Quintetts bewegt dieses sich zwischen den beiden Polen der Kompositionen von Bandleaderin Dahl, die zugleich von energiegeladenem Freiheitsdrang und eleganter Durchdachtheit geprägt sind. Auf ihrem Album „Står op Med Solen“ aus dem Jahr 2024 hat Dahl jegliche Kluft zwischen roher Ausdruckskraft und ausgefeilter melodisch-harmonischer Performance erfolgreich überbrückt – ohne dabei künstlerische Kompromisse einzugehen. Dahl kann rasenden Free Jazz entfesseln, der durch explosives Überblasen, beeindruckende erweiterte Techniken und von einschneidender Vitalität getrieben wird. Und doch bewahrt sie sich stets eine fantasievolle lyrische Sensibilität. Diese Gegensätze stellen keine Widersprüche dar, sondern bringen lediglich ihre stilistische Bandbreite, ihre Aufmerksamkeit fürs Detail sowie ihre Neugierde zum Ausdruck.
Dahls Arrangements für das Kernquintett sind von einem orchestralen Verständnis geprägt, das hervorragend für diese vielseitige Besetzung geeignet ist. Mit dem Trompeter Oscar Andreas Haug, dem Posaunisten Jørgen Bjelkerud, dem Bassisten Nicolas Leirtrø und der Schlagzeugerin Veslemøy Narvesen hat sie im Laufe der Zeit eine so enge Beziehung aufgebaut, dass die Erweiterung von Dafnies Klangpalette mit einem größeren Ensemble als logische Konsequenz erscheint. Beim Jazzfest Berlin präsentiert Dahl nun ein brandneues Programm und verstärkt die Besetzung mit sieben zusätzlichen Musiker*innen, darunter eine vielseitige Rhythmusgruppe mit Bassist Ingebrigt Håker Flaten und dem Schlagzeuger Paal Nilssen-Love sowie der Pianistin Lisa Ullén.
Amalie Dahl – Saxofon, Komposition
Oscar Andreas Haug – Trompete
Jørgen Bjelkerud – Posaune
Sofia Salvo – Baritonsaxofon
Henriette Eilertsen – Flöte
Ida Løvli Hidle – Akkordeon
Lisa Ullén – Klavier
Anna Ueland – Synthesizer
Paal Nilssen-Love – Schlagzeug
Ingebrigt Håker Flaten – Kontrabass
Nicolas Leirtrø – Kontrabass
Veslemøy Narvesen – Schlagzeug
Mit freundlicher Unterstützung durch die
20:00
(DE, FR, SE, SN und andere)
Uraufführung
Moabit Imaginarium ist ein musikalisches Begegnungsprojekt, das zwischen unterschiedlichen Musiker*innen und ihren jeweiligen künstlerischen Szenen Brücken schlagen soll. Dazu werden professionelle Musiker*innen aus Berlin-Moabit mit diversen musikalischen Hintergründen eingeladen, um gemeinsam mit Vertreter*innen der Berliner Jazzszene zu experimentieren und ein transkulturelles Repertoire zu entwickeln. Das sich neu formierende Ensemble bietet insgesamt zehn Künstler*innen Zeit und Raum für Austausch, (Neu-)Entdeckungen und künstlerische Forschung.
Musiker*innen aus Berlin-Moabit (N. N.)
Joel Grip – Kontrabass
Simon Sieger – verschiedene Instrumente
Michael Griener – Schlagzeug
Assane Seck – Tama, Djembe, Sabar
(GB)
Pat Thomas ist seit Jahrzehnten eine ebenso dynamische wie unverzichtbare Figur in der britischen Szene für improvisierte Musik und unterhält enge Beziehungen zu Altmeistern wie Lol Coxhill und Derek Bailey. Doch hat sich der Pianist erst als Mitglied von أحمد [Ahmed], dem gefeierten Improvisationsquartett, das sich der Musik des Bassisten und Komponisten Ahmed Abdul-Malik widmet, weltweit einen Namen gemacht. Die Gruppe spielte 2021 ein überwältigendes Set beim Jazzfest Berlin und ihr Album „Giant Beauty“ wurde von The Wire zum besten des Jahres 2024 gewählt. Auch Thomas’ Soloauftritte gehören zu den international aufregendsten und überraschendsten Hörerlebnissen. Als Solist entfesselt er die perkussiven Qualitäten des Klaviers, ob er nun darauf afro-kubanische Grooves einhämmert, dichte Cluster heraufbeschwört oder einen Kontrapunkt à la Bach setzt.
Seine Darbietungen können in jede mögliche Richtung führen. Einem unerbittlichen Ansturm auf die weißen Tasten seines Instruments kann jederzeit eine Interpretation von Duke Ellingtons „Satin Doll“ folgen. Letztes Jahr vertiefte Thomas seine Auseinandersetzung mit der arabischen Geschichte auf dem Soloalbum „The Solar Model of Ibn Al-Shatir“, dessen Stücke als Hommage an die Entdeckungen von Persönlichkeiten wie dem titelgebenden Mathematiker aus dem 14. Jahrhundert konzipiert wurden. Es ist unmöglich, vorherzusagen, was Thomas an diesem Abend beim Jazzfest Berlin am Klavier entfesseln wird. Sicher ist allerdings jetzt schon eins: Es wird großartig.
Pat Thomas – Klavier
21:30
(BE, BR, CA, DE, DK, FR, GB, NO, SE)
Uraufführung
Das schwedische Trio Fire! ist eines der bekanntesten Projekte des Saxofonisten Mats Gustafsson. Seine reduzierte Besetzung setzt für maximale Effekte auf hypnotische Grooves und entfesselte Blasinstrumente. Der Bandleader lieh sich den Namen, als er 2013 die in diesem Jahr beim Jazzfest Berlin vertretene Big Band namens Fire! Orchestra gründete. Obwohl in deren Arbeit einige derselben Prinzipien zum Tragen kommen – insbesondere die packenden Bassläufe von Johan Berthling, einem Mitglied beider Gruppen –, unterscheiden sich die von Popmusik geprägten Melodien und die Zeitlupen-Grandezza der üppigen Arrangements des Fire! Orchestra doch grundlegend. Gustafsson ist zwar für seine eindringliche Arbeit mit dem Saxofon bekannt, bewegt sich dabei jedoch durch viele Musikstile. Im Jahr 2023 veröffentlichte das Fire! Orchestra die überlange Suite „Echoes“. Eingespielt wurde sie von einem 40-köpfigen Ensemble, das brodelnde Popsongs voller Momente musikalischer Freiförmigkeit mit Tiefe, Anmut und wilden Dynamiken auflud – unter anderen gesungen von Mariam Wallentin und David Sandström, dem ehemaligen Drummer der Hardcore-Band Refused.
An diesem Abend präsentiert Gustafsson eine völlig neue Besetzung des Fire! Orchestra mit der Weltpremiere des Programms „Words“. Der Bandleader war schon immer auf den Austausch bedacht und hat spannende Musiker*innen in die Welt der improvisierten Musik eingeführt. Die neue Besetzung des Fire! Orchestra baut genau darauf auf: Die in Köln lebende Cellistin Emily Wittbrodt, die in Berlin und Toronto ansässige Trompeterin Lina Allemano und die britische Turntablistin Mariam Rezaei gehören zu den neuen Mitgliedern des Ensembles. Ebenfalls mit dabei sind Veteran*innen wie der Posaunist Mats Äleklint und die Saxofonistinnen Anna Högberg und Mette Rasmussen.
Sofia Jernberg – Stimme
Mariá Portugal – Schlagzeug, Stimme
Anna Lindal – Violine
Anna Neubert – Violine
Emily Wittbrodt – Violoncello
Mats Gustafsson – Baritonsaxofon, Live-Elektronik, Leitung
Mette Rasmussen – Altsaxofon
Anna Högberg – Altsaxofon
Adia Vanheerentals – Tenor- und Sopransaxofon
Mats Äleklint – Posaune
Heiða Karine Jóhannesdóttir Mobeck – Tuba, Elektronik
Tuva Olsson – Trompete
Lina Allemano – Trompete
Kit Downes – Klavier, Keyboards
Mariam Rezaei – Turntables
Julien Desprez – Gitarre, Stimme
Johan Berthling – E-Bass
Mads Forsby – Schlagzeug
Mit freundlicher Unterstützung durch den