Szenische Lesung | Stückemarkt

Der große Marsch

von Wolfram Lotz

Wolfram Lotz

Wolfram Lotz © Jürgen Beck

„Die meisten Theaterleute sind (natürlich gibt es Ausnahmen) Arschgesichter.“ Mit dieser Zueignung beginnt der Autor seinen „Großen Marsch“ durch alle erdenklichen Kapitalismuskritik-Klischees und festgefahrenen Sichtweisen, die sich so in den letzten Jahren auf dem Theater in Deutschland durchgesetzt haben und zum neuen Maßstab geworden sind. Am Ende gibt er die Sicht frei auf einen neuen, radikalen, anarchistischen, poetischen und auch ratlosen Blick auf die Welt, der alle Erwartungshaltungen an die Kunst und alle Standardisierungen eines politischen Diskurses abschütteln und neues Terrain erobern will.

Die Form des Stücks ist eine Revue, kraftvoll und extrem witzig. Durch den Abend führt eine aggressive, politisch korrekt verblödete Schauspielerin. Themen und Gäste sind unter anderem die RAF, Horst Mahler, Josef Ackermann, Arbeitgeberpräsident Hundt, Bakunin, Hamlet, Prometheus, der Autor selbst mitsamt seiner Mutter, „die Wirklichkeit“ in Form einer Gruppe von Sozialhilfeempfängern, der Wunsch nach Unsterblichkeit und ein wunderschönes, unspektakuläres Gedicht.

Lotz sprengt die Mittel des Machbaren und reizt das Theater mit all seinen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten aus. Seine eigenwillige Form erscheint beinahe unspielbar und zwingt jedes Regieteam zur kämpferischen Auseinandersetzung mit Autor und Text. Wer dieses Stück inszeniert, muss sich einiges einfallen lassen, im Grunde muss er das Theater neu erfinden. Das bereitet schon beim Lesen eine dermaßen große Lust, dass man sich auf alle Aufführungen freut, die da in den nächsten Jahren gewagt werden!
Falk Richter

Wolfram Lotz, 1981 in Hamburg geboren, wuchs im Schwarzwald auf und studierte Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaft in Konstanz. 2007 nahm er ein Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig auf. Er war Mitbegründer und -herausgeber der Literaturzeitschrift Minima und ist seit 2010 Redakteur von EDIT. Lotz verfasste Drehbücher, Essays, Erzählungen, Gedichte, Blog-Beiträge und das Hörspiel „In Ewigkeit Ameisen“. 2005 erhielt er den Literaturpreis der Stadt Steyr und 2009 das Stadtschreiber-Stipendium Rottweil.

Besetzung

Szenische Einrichtung Lars-Ole Walburg
Dramaturgie Marion Hirte
Ausstattung Manuela Pirozzi

Es lesen Hermann Beyer, Jule Böwe, Dieter Montag, Michael Schweighöfer und Sebastian Weber