Theater | 10er Auswahl
von Sarah Kane
Übersetzt von
Elisabeth Plessen, Nils Tabert und Peter Zadek (Gesäubert)
Marius von Mayenburg (Gier)
Durs Grünbein (4.48 Psychose)
Münchner Kammerspiele
Premiere 21. Januar 2012
Gesäubert / Gier / 4.48 Psychose. Marc Benjamin, Sylvana Krappatsch © Julian Röder
Kindlich, witzig, schön – das sind nicht die Assoziationen, die einem zuerst einfallen bei den folterblutigen, zornig zerklüfteten und todtraurigen Stücken von Sarah Kane, der Schmerzensikone der modernen Dramatik. Dreizehn Jahre nach ihrem Freitod wagt Johan Simons ein bemerkenswertes Neu-Arrangement.
Er steckt die Amputationsexzesse aus „Gesäubert“ ins Schnipp-Schnapp-Struwwelpeter-Kostüm einer infantilen Therapiegruppe, deren unschuldige Grausamkeit grundsätzlicher an unser Menschenbild rührt als alle 90er-Jahre-Dystopie mit Gruselkliniken und Rattengosse. Er dirigiert das identitätsverlorene Erinnerungsfetzenquartett „Gier“ zum stupenden Sprachkonzert, das Kane als subtile Situationskomikerin entdeckt. Und er veredelt den suizidalen Fiebertraum „4.48 Psychose“ zu einer elegischen Solosymphonie mit Kammersextett, in der das lyrische Ich – in Person der brillanten Schauspieler Thomas Schmauser und Sandra Hüller – unsentimental Œuvre und Ängste rekapituliert, bis alle gängigen Zuordnungen von Patient und Therapeut zerfallen. Opfer, Täter, Zuschauer – der Kane’sche Dreiklang umschmeichelt das Publikum in Johan Simons’ Trilogie auf kunstfertige Weise völlig neu. Er emanzipiert die Literatin von der Leidenden – nachhaltig.
Regie Johan Simons
Bühne Eva Veronica Born
Kostüme Teresa Vergho
Licht Wolfgang Göbbel
Video Nicolas Hemmelmann
Musik Carl Oesterhelt
Dramaturgie Koen Techelet / Jeroen Versteele
Mit:
Gesäubert:
Graham Marc Benjamin
Tinker Annette Paulmann
Carl Stefan Merki
Rod Stefan Hunstein
Grace Sylvana Krappatsch
Robin Thomas Schmauser
Frau Sandra Hüller
Gier:
C Sandra Hüller
M Sylvana Krappatsch
B Marc Benjamin
A Stefan Hunstein
4.48 Psychose:
Sandra Hüller
Thomas Schmauser
Stefan Merki
Annette Paulmann
Musik:
Gertrud Schilde Violine I
Joerg Widmoser Violine II
Nancy Sullivan Viola
Jost-H. Hecker Violoncello
Juan Sebastian Ruiz Kontrabass
Sachiko Hara Piano
Der Song zwischen „Gesäubert“ und „Gier“ ist „A Day in the Life“ von The Beatles