Szenische Lesung | Stückemarkt
von Julia Holewińska
Aus dem Polnischen von Bernhard Hartmann
Julia Holewińska © Tomasz Szerszen
Julia Holewinskas Stück Fremde Körper schraubt sich mit einer sozusagen doppelhelixartigen Dramaturgie in die Geschichte ihres Landes. Der eine Handlungsstrang führt uns in die Vergangenheit Polens: In den 1980er Jahren setzen sich Adam und seine Freunde für ein freies Polen ein, was immer wieder zu Repressionen seitens der kommunistischen Regierung führt. Aber Adam lebt nicht nur im falschen System, sondern auch im falschen Körper. Obwohl er mit Maria verheiratet ist und mit ihr ein Kind erwartet, empfindet er wie eine Frau. Der andere, parallel erzählte Strang spielt in unserer Gegenwart. Eva, eine gescheiterte Lehrerin für schwierige Jugendliche, lebt auf der Schattenseite des neuen Polens. Als ihr Sohn Lech nach Jahren zu Besuch kommt, um ihr seine Verlobte vorzustellen, schöpft sie neue Hoffnung. Lechs Verlobte aber zieht aus dem Besuch ihre eigenen Konsequenzen und lässt das Kind abtreiben. Sie befürchtet, dass Evas Krankheit vererbbar ist – doch ihre Angst gilt nicht dem Krebs, an dem Eva erkrankt ist, sondern der Tatsache, dass sie sich zur Frau hat umoperieren lassen. Aus Adam wurde Eva. Julia Holewinska hat ein episches, großes Stück geschrieben, das fesselt und berührt. Ein Stück über die Geschichte ihres Landes, eine Allegorie des Wandels und eine sehr individuelle Geschichte über einen transsexuellen Menschen, der immer ein Fremder bleibt.
Stefan Bachmann
Julia Holewińska wurde 1983 in Warschau geboren. Sie ist Dramatikerin, Essayistin und Dramaturgin. Sie studierte an der Theaterakademie in Warschau Theaterwissenschaften, wo sie derzeit promoviert. Zu ihren Stücken gehören u.a. 12/70, Bubble Revolution, Vaudeville und Zina. Ihr Text Ciała obce – Fremde Körper wurde 2010 mit dem Gdingener Dramatikerpreis ausgezeichnet und im Februar 2012 im Teatr Wybrzeże in Danzig uraufgeführt. Ihre Texte wurden u.a. ins Englische, Russische und Spanische übersetzt. Holewińska lebt und arbeitet in Warschau.
Szenische Einrichtung Anna Bergmann
Dramaturgie Marcel Luxinger
Kostüme Claudia González Espíndola
Musik Heiko Schnurpel
Mit:
Matthias Bundschuh, Johann Jürgens, Sina Kießling, Felix Kramer, Kathleen Morgeneyer und Jana Schulz