Inszenierung / Aufzeichnung | 10er Auswahl
von Marie Schleef
Premiere 25. September 2020 (Ballhaus Ost, Berlin)
Österreich-Premiere 2. Oktober 2020 (Kosmos Theater, Wien)
NAME HER. Eine Suche nach den Frauen+. Anne Tismer © Hendrik Lietmann
Marie Schleef, Anne Tismer und Jule Saworski erwecken in einer Marathon Lecture Performance Frauen zum Leben, deren Leistungen in den Geschichtsbüchern zu wenig vorkommen.
Es gibt nicht genug weibliche Vorbilder? Da würde die Regisseurin Marie Schleef vehement widersprechen. Gemeinsam mit ihrem künstlerischen Team hat sie für die Long Durational Performance „NAME HER. Eine Suche nach den Frauen+“ in archäologischer Akribie unzählige inspirierende weibliche Biografien zutage gefördert. Vor einem Gameshow-Triptychon der Bühnenbildnerin Jule Saworski führt die Performerin Anne Tismer als ausdauernde Expertin und Entertainerin von A bis Z durch große Schicksale und kleine Anekdoten von Frauen aus mehreren Jahrhunderten – so vielfältig, beeindruckend und inspirierend, dass sieben Stunden wie im Flug vergehen.
Theatertreffen-Jurorin Petra Paterno zur Inszenierung
Wem sagt der Name Francesca Caccini etwas? Nahezu alle Werke der italienischen Komponistin des Frühbarocks gelten als verschollen. Wer war die französisch-peruanische Sozialistin Flora Tristan, von der immerhin bekannt ist, dass sie sich zuweilen mit dem Literaten Victor Hugo traf? Und was ist mit Rosalind Franklin? Die Forschungen der Britin trugen wesentlich zur Entschlüsselung der Struktur der DNA bei. Man kennt Watson und Crick, Franklins Name wurde vergessen.
Diese Liste ließe sich beliebig verlängern. Die Lecture Performance „NAME HER. Eine Suche nach den Frauen+“ dekliniert deshalb gut sieben Stunden lang ein Alphabet vergessener Frauennamen durch. In vier je 90-minütigen Einheiten lässt die Performerin Anne Tismer eine beeindruckende Reihe an Künstlerinnen, Wissenschaftlerinnen, Philosophinnen und Politikerinnen wiederauferstehen, die im Orkus einer männlich dominierten Gesellschaft und Historie verschwunden sind. Ein phänomenaler Kraftakt, den Tismer die meiste Zeit über im Alleingang stemmt. In der Bühnenmitte steht ein Triptychon, die Leinwand dient als Projektionsfläche für Videoeinspielungen. Vor dieser Bildertafel führt Tismer als eine Art Conférencière erzählend, tanzend, pantomimisch-darstellend durch die Miniaturbiografien.
„NAME HER. Eine Suche nach den Frauen+“ steht in der Tradition feministischer Frauengeschichtsschreibung, die ein historisches männlich geprägtes Narrativ neu deuten möchte. Tismer erweist sich als charismatische Performerin, die Aufführungsserie lebt von ihrer so empathischen wie authentischen Darstellung. In einer Art Pingpong-Spiel gewährt sie blitzlichtartige Einblicke in unterschiedliche Frauenleben, springt zwischen Zeiten und Kontinenten; Erfreuliches und Tieftrauriges trennt nur der Gongschlag, große Ereignisse finden sich gleichberechtigt neben herrlich absurden Nebensächlichkeiten. „NAME HER. Eine Suche nach den Frauen+“ ist ein beispielloses Unternehmen, bei dem Tismer, die Regisseurin Marie Schleef und die Bühnenbildnerin Jule Saworski Frauen ein außergewöhnliches szenisches Denkmal setzen.
Marie Schleef – Idee, Konzept, Text, Inszenierung
Anne Tismer – Performance, Text
Jule Saworski – Bühne, Video- und Bildinstallation, Kostüm
Laura Andreß – Dramaturgie, Text, Übertitel
Wiebke Jahns – Kommunikation, Netzwerk
Ruben Müller – Video-Operator, Sounddesign, Inspizienz
Michiko Günther – Künstlerische Mitarbeit
Fabian Eichner – Lichtdesign
Mit
Anne Tismer
Eine Produktion von Marie Schleef in Kooperation mit dem Ballhaus Ost (Berlin), den Münchner Kammerspielen und dem Kosmos Theater (Wien).
Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds und das Bezirksamt Pankow von Berlin, Amt für Weiterbildung und Kultur – Fachbereich Kunst und Kultur.