Szenische Lesung | Stückemarkt

Zelle Nummer

von Petra Hůlová (Tschechische Republik)
Aus dem Tschechischen von Doris Kouba

Szenische Lesung
Stückemarkt II

© Petra Hůlová

© Petra Hůlová

Artist Talk mit Petra Hůlová und Tanja Šljivar
im Anschluss an die Vorstellung von
„We Are the Ones Our Parents Warned Us About“ (12.05., ca. 20:00 Uhr)
Moderation: Armin Petras
in englischer Sprache

DO 11. Mai 2017, 18:00, Haus der Berliner Festspiele
The failure of Eastern European intellectuals after the fall of the Berlin wall – a performative lecture
Workshop mit Petra Hůlová
in englischer Sprache
Anmeldung unter anmeldung@berlinerfestspiele.de

„Woher sind wir gekommen? Wo sind wir? Wohin begeben wir uns?“

Die intellektuelle Elite Tschechiens hat sich in Zellen zurückgezogen, um eine „Anamnese des Landes“ vorzunehmen. Drei Frauen leben in einer dieser Zellen: Matilda, Patrizia und Jana. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht über die Gestaltung der Zukunft nachzudenken. Ihre Definition des „Tschechischen“ ist brüchig geworden und zuweilen zweifeln sie gar an seiner Existenz. Es ist ihnen unklar, wie ein richtiger Umgang mit der Vergangenheit und einer sich bis zur Unkenntlichkeit verändernden Gegenwart aussehen soll. Das kulturelle Erbe scheint unzureichend. Zwischen diesen ganzen Zweifeln stehen sie nun selbst mit ihrer empfundenen Mittelmäßigkeit. Um sie herum die Prager Gegenwart, eine junge und bequeme Masse, die sich mit Requisiten der guten Laune umgibt und dem Stilvollen verschrieben hat. Auch im europäischen Gefüge finden sie sich kaum wieder.

Diese Identitätskrise führt zur Überforderung mit dem Fremden. Es wird nach einer Haltung zur Migration gesucht und nicht immer ist erkennbar, ob die Figuren in ihren verschachtelten Sätzen nicht doch nationalistische und elitäre Gedanken verstecken.

Es gibt zwar keine Dialoge zwischen den Figuren, doch sie beziehen sich in ihren Reden immer wieder aufeinander, sodass ein starkes gemeinsames Erzähl-Geflecht entsteht. Die teilweise artifizielle Sprache entwickelt einen rasanten Rhythmus, eine einnehmende Melodie und verdichtet sich zu einem Strom der Alliterationen.

Der Text nimmt sich Motiven aus Roger Manderscheids „Die Lesung in Prag“ an und so tauchen neben eben diesem auch die tschechischen Symbolträger Kafka, Havel, Nemcova und Golem auf, die in einem Gefüge der Intertextualität in den Zellen der drei Frauen aufgehen.

Ein außergewöhnliches, sprachgewaltiges Werk.
Mona El Gammal

Einrichtung Armin Petras
Dramaturgie Maria Nübling
Musik Jörg Kleemann

Mit Jule Böwe, Svenja Liesau, Anja Schneider

Die deutsche Übersetzung des Stücks wurde gefördert von der Luxembourg embassy in Prague.