Szenische Lesung | Stückemarkt

Der Mann der die Welt aß

von Nis-Momme Stockmann (Berlin, Deutschland)

Nis-Momme Stockmann

Nis-Momme Stockmann © Roald Christesen

Der Mann, der die Welt aß, hat keinen Namen; Nis-Momme Stockmann nennt seine Hauptfigur nur „den Sohn“. Er steht in der Mitte seines Lebens, als ihm plötzlich alles entgleitet. Er verliert seinen Job und sein Vater zeigt beunruhigende Anzeichen einer Demenz. Seine Exfrau Lisa beginnt eine neue Beziehung, ausgerechnet mit Ulf, der doch eigentlich sein bester Freund ist. „Der Name des Sohnes“, schreibt Stockmann, „ist unbekannt. Er soll in der Inszenierung durch einen Zensurton (wie er im Fernsehen genutzt wird, um unerwünschte Äußerungen unkenntlich zu machen) ersetzt werden.“

„Der Sohn“ läuft durch seine einstürzende Welt wie ein beleidigtes Kind. Er fühlt sich verkannt, ignoriert alle Verpflichtungen und versagt permanent: als Vater, als Freund, als Arbeitnehmer, als Versorger derer, die von ihm abhängig sind. Nicht nur sein Freund Ulf spürt, dass „der Sohn“ immer weiter in sein inneres Chaos abgleitet. Er steht ihm trotzdem zur Seite, bis es nicht mehr geht. „Der Sohn“ ist ein Getriebener, er verwahrlost innerlich und äußerlich, kann nicht mehr unterscheiden, was Schuld ist und was Unrecht. Bis zum Schluss fordert er seinen Anteil, schluckt alles, frisst die Welt in sich hinein, bis nichts mehr von ihr übrig ist.

Nis-Momme Stockmann zeichnet die Kapitulation seines namenlosen Totalverweigerers in vierzehn Szenen auf. Die unaufgeregte Alltagssprache schmückt nichts aus und schafft dennoch viele anrührende Momente. Ob im Wartezimmer, am Telefon oder im Büro des Chefs – seine den Abgründen des Alltags ausgelieferten Figuren sind authentisch. Doch statt die Frage nach der Schuld zu stellen, erforscht Stockmann die komplexen Strukturen, an denen ein Leben scheitern kann.
Beret Evensen

Nis-Momme Stockmann wurde 1981 in Wyk auf Föhr geboren. Er studierte Sprache und Kultur Tibets in Hamburg und Medienwissenschaft in Odense (Dänemark), bevor er 2008 ein Studium des Szenischen Schreibens an der Universität der Künste Berlin begann. Beim internationalen Filmfestival in Odense gewann er 2005 den ersten Preis für seinen Kurzfilm „Ignorans“. 2006 und 2007 war er Mitorganisator der Flensburger Kurzfilmtage. Nis-Momme Stockmann, der in Berlin lebt, schreibt Theaterstücke, Hörspiele, Lyrik und Prosa. „Der Mann der die Welt aß“ ist in diesem Jahr auch zum Heidelberger Stückemarkt eingeladen.

Besetzung

Szenische Einrichtung Roger Vontobel
Dramaturgie Eva-Maria Voigtländer

Es lesen
Kai Ivo Baulitz, André Jung, Arnd Klawitter, Katharina Schmalenberg und Max Simonischek