Inszenierung | 10 bemerkenswerte Inszenierungen

Kinder der Sonne

von Maxim Gorki
Deutsch von Ulrike Zemme

Schauspielhaus Bochum

Premiere 7. Oktober 2022

Ein älterer Mann hilft einem jüngeren Mann vom Boden auf, während eine junge Frau entsetzt zusieht.

Trailer © Schauspielhaus Bochum

Mit genau gezeichneten Figurenporträts und einem detailreichen realistischen Bühnenbild taucht Mateja Koležniks Inszenierung tief hinein in das Leben eines Wissenschaftlers, der nach den Ursprüngen des Lebens forscht und dabei blind gegenüber seiner Umgebung wird.

3sat „Starke Stücke“: Die Inszenierung in voller Länge online sehen
in der 3sat-Mediathek und in der BerlinerFestspiele Mediathek vom Freitag, 12.5. bis Donnerstag, 7.9.

Publikumsgespräch
Freitag, 26.5. im Anschluss an die Vorstellung und bis 31. Dezember 2023 als Videoon Demand in der Mediathek
Moderation: Susanne Burkhardt, teilnehmendes Jurymitglied: Sascha Westphal

Russland in Zeiten der Cholera: Der Chemiker Pawel Protassow forscht zum Geheimnis des Lebens und verliert darüber das Geschehen in seinem eigenen Haus aus dem Blick. Seine Frau Jelena wendet sich dem Künstler Wagin zu und zwischen Protassows traumatisierter Schwester Lisa und dem Tierarzt Tschepurnoi entspinnt sich eine leise Romanze, die auf eine Katastrophe zusteuert. Tschepurnois verwitwete Schwester Melanija wiederum verliebt sich in Protassow, der jedoch nur ihr wissenschaftliches Interesse wahrnimmt. Zum Haushalt gehören auch die Angestellten: Protassows Versuchsgeräte werden vom gewaltbereiten Schlosser Jegor gebaut, die Haushälterin Antonowna versucht, den Überblick zu behalten, das Dienstmädchen Fima weiß, dass nur Geld ihr Sicherheit bieten kann und nicht der Hausmeister Roman. Doch während in Teilen des Hauses über Kunst und Fortschritt nachgedacht wird, steht längst ein Mob vor der Tür. Denn die Cholera fordert immer mehr Opfer und es wird geflüstert, Protassow sei mit seinen Experimenten schuld daran …
Mateja Koležnik und ihr hervorragend besetztes Schauspieler*innenensemble präsentieren Maxim Gorkis Gesellschaftsporträt aus dem Jahr 1905 als genaue Figurenstudie, die auf die Kraft der Erzählung setzt. Ein Abend wie eine Zeitmaschine, kompromisslos, feinsinnig und mit leisem Humor.

Statement der Jury
Zunächst wirkt Mateja Koležniks Inszenierung von Maxim Gorkis „Kinder der Sonne“ wie aus der Zeit gefallen. Raimund Orfeo Voigts hyperrealistisches Bühnenbild, in dem sich der Niedergang eines um sich selbst kreisenden Bürgertums in jedem Detail spiegelt, und das psychologisch genaue Spiel des bis in die kleinsten Rollen perfekt besetzten Ensembles schließen an Theatertraditionen an, die etwas aus der Mode gekommen sind. Dennoch hat Koležniks Herangehensweise nichts Museales an sich. Ihre Arbeit ist vielmehr hochaktuell. Der von Guy Clemens gespielte Wissenschaftler, dessen weltfremdes Gebaren Ausdruck eines vergifteten Privilegs ist, und all die anderen, die um ihn kreisen, entlarven sich als tragikomische Egozentriker*innen, die blind für alles sind, was um sie herum geschieht. So rückt Koležnik Gorkis Figuren ganz nah an uns und unsere von Krisen geplagte Wirklichkeit heran.

ZumVideostatement von Juror Sascha Westphal in der Berliner Festspiele Mediathek

Programmheft (PDF, 4,2 MB)

Künstlerisches Team

Mateja KoležnikRegie
Raimund Orfeo VoigtBühne
Ana Savić-GecanKostüme
Lukas TobiassenSoundtrack
Jordy ZoetKlanggestaltung
Bernd FelderLichtdesign
Angela ObstDramaturgie

Mit

Guy ClemensPawel Fjodorowitsch Protassow
Anne RietmeijerLisa, seine Schwester
Anna BlomeierJelena Nikolajewna, seine Frau
Victor IJdensDmitri Sergejewitsch Wagin
Dominik Dos-ReisBoris Nikolajewitsch Tschepurnoi
Jele BrücknerMelanija, seine Schwester
Konstantin BühlerNasar Awdejewitsch
Michael LippoldJegor, Schlosser
Karin MoogAntonowna, Haushälterin
Alexander WertmannRoman, Hausmeister
Amelie WillbergFima, Dienstmädchen
Emily LückLuscha, Dienstmädchen
Christoph Lux, Christian Paul, Tim Brockmann / Taner YenDorfbevölkerung

Aufführungsrechte: Rowohlt Theater Verlag, Hamburg